Dividenden Blog

24. Januar 2021

Führungskräfte

Jeder kennt sie, nicht jeder mag sie. Es gibt gute und es gibt schlechte.

Als normaler Angestellter hast du niemanden unter Dir, außer hier und da mal nen Azubi oder Trainee. Dafür eine ganze Latte an Chefs über Dir. Und wie es so ist .. in der Regel sitzt der Chef am längeren Hebel. Kommst Du gut mit ihr/ihm aus, kann das für Dich und deine Karriere förderlich sein. Klappt es nicht so gut kannst du nur hoffen, dass du bald einen neuen bekommst.

Im Nachhinein betrachtet waren viele meiner Führungskräfte Nieten oder sagen wir mal fehl am Platz. (Möglicherweise sagen die das über mich auch)

Das liegt aus meiner Sicht daran, dass nicht die Person befördert wird, welche die besten Peopleskills hat, sondern die, welche ihren vorhergehenden Job besser gemacht hat als der Durchschnitt, daneben vielleicht noch prima netzwerken kann, viele Überstunden geschrubbt hat und sich zusätzlich gut selbst vermarkten kann.

Weiße Männer ohne Migrationshintergrund (wie ich) genießen da „gefühlt“ auch noch einen zusätzlichen Bonus .. war zumindest bei meinen bisherigen Arbeitgebern so.

Hast du einen klassischen Vertrieb wird der/die welche den meisten Umsatz einfährt in der Regel befördert. Hast du Software Entwickler wirst du zum Abteilungsleiter wenn du schnell und gut das geforderte ablieferst.

Wirst du aber von normalen Angestellten zur Führungskraft brauchst du deine vorhergehnden Skills weit weniger als vorher.

Als stinknormaler Software Entwickler musst 80% der Zeit Code schreiben und 20% mit Leuten klar kommen, kaum einen juckts wenn du irgendwelche Marotten hast oder wenig emotionales Einfühlungsvermögen. Wirst du dann zum Head Of befördert schreibst du in er Regel nur noch 20% der Zeit (oder weniger) Code und musst 80% mit Leuten arbeiten, sowohl mit deinem Team, als auch mit deiner Führungskraft.

Und das ist für mich das Problem ..

Du brauchst plötzlich ein komplett anderes Skillset:

Menschen motivieren, Gesichter und Stimmungen lesen, Dinge erklären, zuhören, Puffer zwischen Team und dem Management sein, Druck aushalten und nicht weitergeben, sich Zeit für Gespräche nehmen, diskutieren, erkennen wenn dein Team auf dem Zahnfleisch geht, Ressourcen und Fähigkeiten gut einschätzen, Leute weiterentwickeln, Planen von Kapazitäten, Vertrauen schenken, Kontrolle abgeben, und der Ganze diplomatische Unsinn mit anderen Abteilungen und deren Leitungen usw.

In einigen Firmen gibt es dann Workshops für Führungskräfte wo man solche Dinge lernen kann. Andere Firmen interessiert das weniger und ich habe wenig Unterschied zwischen dem Einem und dem Anderen festgestellt.

Manche Dinge die eine Führungskraft ausmachen kann man sicher lernen.

Andere eher weniger.

Die schlechtesten Führungskräfte die ich hatte, hatten nur ihre eigene Karriere im Blick und waren Kontrollfreaks. Wenn Sie dann noch nach oben gebuckelt und nach unten getreten haben, litten die Teams und die Motivation kehrte sich ins Gegenteil bzw. die Personalfluktuation wurde so immens hoch, das neue Namen merken zu einer Denksportaufgabe wurde.

Dann gab es noch andere .. ich nenne sie mal „Verwaltungskräfte“ nicht so schlimm wie die Karrieristen aber auch wenig tauglich. Kopf unten halten, Status quo bewahren, Wein trinken und Wasser predigen und sonst halt Dienst nach Vorschrift. Auch wenig inspirierend.

Nicht falsch verstehen bitte.

Wahrscheinlich waren die oben beschriebenen Exemplare vorher super in ihrem Job. Nur taugen sie halt nicht um Menschen zu führen.

Oder jeder wird so lange befördert bis sie/er auf einer Position ist, auf welcher sie/er völlig inkompetent ist. (Peter Prinzip)

Da gehören allerdings immer zwei dazu .. derjenige welcher befördert werden will, und derjenige der befördert.

Kommentare:

  1. Fuseboroto

    Genau das klassische Peter Prinzip, habe ich als Softwareentwickler auch oft gesehen. Leute die fachlich gut sind wird angetragen doch Führungsverantwortung zu übernehmen und die Dussel fühlen sich dann geehrt, sehen das Mehr an Geld und sagen ja. Aber wie Du schrubst, anderes Skillset, weg vom fachlichen. Stattdessen Projektplanung, Mitarbeitergespräche, berichten, steuern.

    Ich denke es ist auch wichtig zu wissen was man kann, was man will und an welchen Stellen man nein sagen muss.

  2. Tom

    Der kleine machtlose Angestellte, der den Durchblick hat und ein Opfer des dummen Chefs ist? Wirklich?
    Ich weiß, ich hab jetzt etwas übertrieben, aber als jemand, der die meiste Zeit (Technik-)Chef war, reagier ich da etwas spitz. Aus meiner Erfahrung (IT-Branche) ist es einfach gar nicht so einfach Leute für Führungsaufgaben zu begeistern. Da nimmt man dann manchmal das was man kriegen kann und hofft, dass die Person sich noch entwickelt. Und dass gute Techniker nicht gleichzeitig gute Vorgesetzte sind, pfeifen ja nun wirklich die Spatzen von den Dächern. Allerdings müssen die guten Techniker sich auch Mal entscheiden was sie eigentlich wollen. Entweder lernen sie kommunikative und empathische Fähigkeiten und leiten ein Team technisch an, oder sie bekommen einen Chef, der ihrer gemütlichen Einzelkämpferrolle aufmischt.
    Außerdem sollten gerade auch gute Techniker-Angestellte verstehen (lerne), dass es neben dem besten Code der Welt auch noch wirtschaftliche und soziale Prioritäten gibt, die alle miteinander abgewogen werden müssen, damit eine Firma funktioniert. Dass sich dadurch manchmal Anweisungen ergeben, die der Angestellt nicht versteht (oder verstehen will), liegt nicht immer am Chef.

  3. mad

    @Tom

    bei vielen Leuten die ich kenne, steht der eigentliche Karriereschritt im Vordergrund .. die Frage ob sie das können oder lernen wollen stellt sich nicht .. oder erst wenn es zu spät ist

    und den Chefs die das ggf. einschätzen können kommt oft nicht der Gedanke ob die Person auch menschlich zur Führungskraft taugt

  4. Tom

    Naja, könnte vielleicht sein, dass ich da in einer Bubble bin: kleine Software-Firma deren Angestellt mehr an Life-Work-Balance und genug Zeit für Side-Projekts liegt als an Karriere.
    Aber es ist ja auch die Frage, wie man zu guten Chefs kommt. Wenn man die Chef-Position als Beruf(ung) mit eigenem Anforderungsprofil sieht, könnte man ja auf die Idee kommen, extern nach VorgeSETZTEN zu suchen und sie dem Team vor die Nase zu SETZEN. Ob das dann immer so gut ankommt, wage ich ja auch zu bezweifeln.

  5. Mad

    @Tom

    habt ihr noch Jobs? 🙂

    Ein externer Chef kann funktionieren .. aber nur wenn du das Team in die Entscheidungsfindung (die Person einzustellen) früh mit einbeziehst .. und es nicht von oben herab diktiert wird …

    Oft ist das aber von der Firma nicht gewollt und man will eben einen vorhandenen Mitarbeiter aufbauen

  6. Georg

    Interessanter Artikel! Wie würdest du denn die ideale Führungskraft beschreiben, mit welchem Chef wärst du persönlich zufrieden?

  7. mad

    @Georg

    eine Art wohlwollender Diktator der sein eigenes vorankommen hinter das seiner Mitarbeiter stellt, der Stärken und Schwächen im Team erkennt und Leute da einsetzt wo sie am Besten sind. Jemand der sich bei Druck vor sein Team stellt.

  8. Kiev

    Die Diskussion gefällt mir. Hier durfte ich in letzter Zeit den ein oder anderen Betrieb näher kennenlernen. Ein Vorgesetzter ist in den meisten Firmen selbst ein Zahnrad im System. Natürlich hat er andere Aufgaben als ein Softwareentwickler. Entscheidend ist allerdings welche Kultur sich eine Firma aufgelegt hat und wie diese umgesetzt wird. Das ist für den Vorgesetzten ebenfalls interessant. Bei meiner aktuellen Firma gibt es nicht viel Kultur. Außer natürlich dem Shareholder möglichst gut zu dienen… Es gibt auch nicht immer das Ziel warum man etwas macht. Von gemeinsam über Abteilungsgrenzen hinweg möchte ich nicht näher ausführen.
    Ich sich aktuell eine Firma, die klare Ziele hat und gemeinsam auf dieses hinarbeiten. In so einer Firma könnte ich mir auch vorstellen Mitarbeiter zu führen. Ich muss keine Abteilung leiten, Schulungen zu geben fände ich auch interessant. Gerne würde ich auch in Zukunft neue Mitarbeiter einarbeiten.
    Der Fisch stinkt vom Kopf. Ich denke an dem Sprichwort ist wahres dran. Der Vorgesetzte ist nicht der Kopf. Manches kann er vielleicht nicht ändern, auch wenn er es möchte.

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