Der Finanznomade (Manuel) hat sich auf LinkedIn einen Fan eingefangen.
Manuel hat der WELT ein Interview gegeben (Paywall) und wahrscheinlich gings darin etwas um Frugalismus. Das Interview hat er auf LinkedIn geteilt und daraufhin hat ein User kommentiert:
Armselig leben und noch stolz drauf sein?
Wer es mag.
Es gibt für mich daran zwei interessante Aspekte.
Der Erste:
Wenn ich auf Social Media was lese was diametral zu meiner eigenen Meinung ist und das dann kommentieren würde, würde ich den ganzen Tag nichts mehr anderes machen. Ignoranz regelt hier für mich.
Außerdem: Getroffene Hunde bellen. Manuel hat bei diesem Menschen wohl einen wunden Punkt getroffen.
Der Zweite:
Frugalismus (oder zu deutsch Sparsamkeit) ist nicht für jeden. Frugalismus hat auch verschiedene Ausprägungen. Manche sparen am Konsum von Gegenständen, andere sparen an Reisen und Erlebnissen und wieder andere sparen an Gesundheit, Sport und Ernährung.
Der deutsche Michel versteht unter Frugalismus in der Regel den unangenehmen Verzicht auf Dinge die für IHN! das Leben ausmachen.
Oder?
Ein „erfolgreicher“ Deutscher braucht ein gutes und schnelles Auto, ein Haus oder eine Eigentumswohnung, die entsprechende Ausstattung inkl. der 50.000 Euro Küche dazu, einen „wichtigen“ Job und die 2-3 Reisen pro Jahr (bevorzugt dahin wo man schon mal war). Der Fernseher sollte nicht zu klein sein, ein leistungsfähiger Grill im Garten, gelegentliche Shopping Trips, ab und zu mal ein Konzert oder ne Sportveranstaltung usw. .. mein Haus, mein Auto, mein Boot .. die Sparkasse kennt ihre Kunden genau.
Und jetzt kommts:
Da ist rein gar nichts dagegen einzuwenden. Wenn es den Menschen glücklich oder glücklicher macht .. prima .. alles gut.
Das ist auch der Punkt
Was macht DICH glücklich? Oder zumindest DEIN Leben etwas besser?
Und das kann und darf jeder für sich selbst entscheiden.
Das oben Beschriebene ist Teil der deutschen Norm oder eines gewachsenen Gesellschaftsbildes. Wenn nun Menschen das ablehnen und gar ausbrechen widerspricht das der gängigen Meinung und/oder auch der eigenen Einstellung oder Lebensweise.
Selbstverständlich kann ich Kritik üben, wenn jemand ein Leben führt, das meiner persönlichen Idealvorstellung von Erfolg oder einem „gutem“ Leben nicht entspricht.
Aber dann bin ich halt dumm.
Was weiß ich denn über den Menschen den ich kritisiere und dessen Beweggründe?
Ich habe für MICH! festgestellt dass:
- Konsum von Dingen
- ein teures Auto
- eine Immobilie
- ein wichtiger Job
- stolz auf Überstunden sein
- 10 Paar Schuhe
- teure Klamotten
- etc.
keine Verbesserung meines Lebens mit sich bringt.
Ich habe für MICH! festgestellt dass:
- viel Sport
- Erlebnisse
- Reisen
- Gartenarbeit
- ab und zu mal zocken
- etc.
mein Leben direkt verbessern.
Konsequenterweise versuche ich dann die Zeit die ich für Dinge aufwende die mir Spaß machen zu steigern und die Zeit die ich auf Dinge verwende die mir keinen Spaß machen zu reduzieren.
Kein Mensch ist unglücklich wenn er das tut worauf er Lust hat und was er am liebsten macht.
Frugalismus ist dementsprechend auch keine Selbstgeißelung wenn man den Blickwinkel etwas ändert.
Armselig wird er nur wenn ich mehr Zeit für Dinge aufwende die ich nicht mag oder ablehne, als für Dinge die mich glücklich machen.
Ich halte es sogar für sehr wichtig, dass es Menschen gibt, die ihr hart erarbeitetes Geld ausgeben oder sogar hohe Schulden machen. Wenn alle so lebten wie Manuel, ich … und dies als „armselig“ bezeichnet wird, hätte das gravierende Auswirkungen auf das in unserem Geldsystem bedeutende Wachstum. Und die Aktienpreise und Dividenden nicht antreiben. Also „ein Hoch“ auf die, die sich’s gönnen
Hey Mad,
Ist ja cool, dass du das Thema gleich aufgreifst 🙂
Und ja, es ging tatsächlich auch darum, dass ich relativ wenig ausgebe trotz vielen Reisen und ich das als Frugalismus ansehe.
Kann deine Gedanken dazu nur unterschreiben.
Liebe Grüße,
DerFinanznomade
Wie du schreibst: Da ist „irgendwas“ getriggert worden. Das ist soweit auch menschlich. Die Frage ist, ob man diesen Trigger dann in eine bestimmte Verhaltensweise umsetzt oder regulieren kann. Hier ist diese Regulation leider ausgeblieben und ein einfach unnötiger Kommentar entstanden.
Grundsätzlich gehe ich mit dem Gedanken mit.
Folgende Punkte werden in der Finanz-/Frugalistenbubble häufig genannt, kann ich aber wirklich nicht glauben:
-> teureres/ hochwertigeres Auto
-> Immobilie
Man kann doch nicht sagen, dass ein 15 Jahre alter Kleinstwagen genauso viel Lebensqualität bietet wie ein Neuwagen einer Premiummarke. Die bequemeren Sitze evtl. mit Massagefunktion, die perfekte Lüftung, die modernen Assistenzsysteme etc.
Genauso bei dem Thema Immobilie. Natürlich bietet eine 100qm Neubauwohnung ein Mehr an Lebensqualität ggü. einer 35qm Altbauwohnung.
Man kann mMn über Preis-Leistung diskutieren, aber das absolute Level an Lebensqualität finde ich objektiv bei einigen teureren Dingen gegeben.
Lieber Mad,
ich habe deinen Artikel gelesen und mich beschleicht das Gefühl das du auch ein bißchen getroffen worden bist. Vielleicht irre ich mich auch, den die Conclusio die du hast ist vollkommen richtig. Sie erfordert aber viel Mut so zu leben wie man will.
Was den Finanznomaden angeht, so denke ich, dadurch das er etwas vermarktet und gleichzeitig in die Öffentlichkeit geht, muss er mit Kritik rechnen.
Ich habe seine Website gelesen, mehre Dinge gefunden die komplett gegen meine Einstellung sind und deswegen ignoriere ich ihn weitestgehend auf deiner Prey.getmad Liste. Das ist keine persönliche Wertung von Ihm und seinem Leben.
Ich habe aber gelernt, das es manchmal hilfreich sein kann, sich mit Leuten auseinanderzusetzen die eine andere Einstellung zu meinen Grundsätzen haben. So hinterfrage ich mich selbst und schwimme nicht nur in meiner Blase die mich selbst bestätigt. Der Finanzrocker ist hier unter anderem für mich eine Referenz. Auch wenn er weder BDC, noch Tabak, noch Reits mag, so kann ich seine Ansätze respektieren.
@Daniel
Matthias‘ Aussage des Blog-Artikels ist gerade die Individualität darüber, was wen glücklich macht und seine Liste entsprechend mit „für MICH!“ deutlich gekennzeichnet.
Der vermeintlichen Objektivität deiner (!) Präferenzen kann ich entschieden widersprechen: mich macht gar kein Auto am glücklichsten, sondern Fahrrad+DtlTicket+1.Kl-Sparpreis-ICE. Ich liebe Altbau und wir haben p.P. rechnerisch 25qm. MICH macht das glücklich und auch das ist eben subjektiv und individuell.
Ich lese euch beide gerne, aber bei allem (sehr berechtigten!) Lob eurer Frugalität vergesst ihr beide gerne, welche fundamentale Rolle die kostenfreie Immobilie gespielt hat.
@Daniel:
Ganz im Gegenteil, mit einer Rostlaube parke ich völlig entspannt überall, während Kollegen Nervenzusammenbrüche wegen potentieller Lackschäden kriegen. Selbiges gilt für Steinschläge, Hagelschäden oder regelmäßige Autowäsche – mir alles völlig wumpe. Assistenzsysteme und Lüftung gibt es auch mit alten Autos.
Ähnliches gilt für die Wohnung im Altbau. Hinzu kommt: Deutlich größere Wohnung bedeutet mehr putzen, mehr Instandhaltung und ggf. auch mehr Potential sie mit Unsinn vollzustellen.
Hey Leute,
Finde das Thema (aus naheliegenden Gründen ^^) spannend, daher mal ein paar Gedanken meinerseits:
@1 Thomas: Ist ja nicht so, dass Frugalisten gar nix konsumieren. Nur eben anders und bedachter. Das Wirtschaftssystem wäre anders, aber ob schlechter oder besser?
@3 Denkfabrik: Ja leider. Hätte sowas von einem doch gebildeten Menschen jedoch nicht erwartet.
@4 Daniel: da gebe ich dir Recht. Absolut gesehen ist der 7er BMW natürlich geiler als der Toyota Auris. Auch eine neue Immobilie ist super.
Aber: für die einen ist das wichtig, für die anderen nicht. Es kommt auf die eigenen Prioritäten an.
Ich finde es zum Beispiel viel geiler Montags ausschlafen zu können und um 10 Uhr noch im Schlafanzug gemütlich frühstücken zu können, während ich am Tablet Artikel lese.
Das würde auch der 7er BMW beim Pendelweg in die Arbeit nicht wettmachen. Wie gesagt, meine persönliche Einschätzung, jeder ist da anders.
@5 Mike: ja, Kritik ist ja voll ok, aber sie sollte immer über der Gürtellinie bleiben.
Was genau stört dich denn an meinem Blog?
Andere Ansichten können ja auch immer bereichern oder Denkanstöße geben.
@6 Timo: Daumen hoch!
@7 Papa pecunia: Hier muss ich schon widersprechen. Meine Wohnung ist nicht kostenfrei. Hatte die ersten Jahre die ortsübliche Miete bezahlt, bis meine Mutter verstanden hat, dass das keinen Sinn macht, dass sie die Miete aufs Sparbuch legt und ich das irgendwann mal erbe, wenn ich das Geld selber viel gewinnbringender anlegen kann.
Jetzt zahlen wir 450 € warm. Erspart uns also so 150-200 € / Person gegenüber einem fremden Vermieter.
Beim Rest deines Kommentars kann ich nur zustimmen.
Hatten das letztens bei einer Radtour. Wir die alten normalen Fahrräder ( 5.000 €, sehr neu).
Wir hatten kein Problem, die Räder vor dem Gasthaus zu parken, der Kollege schon, weil außer Sichtweite, evtl wird es geklaut…
Da hat man direkt gemerkt, dass man Dinge nicht nur besitzt, nen, die Dinge besitzen auch dich (Fight Club, Top Film 🙂 )
Liebe Grüße,
DerFinanznomade
Was mir in solchen Diskussionen immer fehlt: auf einen Job nicht angewiesen sein, in dem man angeschrien wird. Was soll das, wenn Leute einem vorwerfen, ein armseliges Leben zu führen, wenn man in einer 30 m2-Wohnung lebt oder ein gebrauchtes Auto fährt (dessen Sitze nicht nach Fabriksneuheit duften), wenn auf der anderen Seite steht, dass man beispielsweise auf einen Job angewiesen ist, in dem von einem erwartet wird, dass man sich devot verhält, dass man alle Ungerechtigkeiten hinnimmt, ohne dagegen aufzubegehren – mit einem Wort, ein Leben, in dem es einem nicht vergönnt ist, seine Menschenwürde zu behalten?
Also da lebe ich doch lieber auf 30 m2 statt auf 100 m2 und verzichte sogar ganz auf das Auto als ein Sklave in einem goldenen Käfig zu sein – und wenn dann Andere sagen, man könne doch nicht sagen, dass 100 m2-Wohnraum „objektiv“ mehr Lebensqualität bieten, dann muss ich fragen: vor dem Hintergrund wovon? Vor dem Hintergrund einer befriedigenden Arbeit, in die man jeden Tag gerne geht und mit Dank und Anerkennung von Anderen für die eigene Leistung und stolzgeschwellter Brust heimkehrt, vielleicht. Aber normalerweise nicht.
Wie Matthias richtig aufzählt sind Erlebnisse am besten I.V. mit sozialen Kontakten nachhaltiger und zufriedenstellender als der Konsum von Dingen.
Insbesondere wenn diese Dinge mehr als Status nach außen wirken anstatt zur eigenen Lebensqualität beizutragen.
Die Immobilie würde ich zu einem großen Teil zu der Kategorie „Erlebnisse“ zuordnen und weniger als Status (ausgenommen Luxus und Ferienimmobilien). Mit Familie beengt zu wohnen ist psychischer Stress.
Ansonsten sind Frugalisten oft auch in ihrer Bubble gefangen. Traurig finde ich wenn Geld anhäufen zum Selbstzweck wird und Ausgaben die zur Lebensqualität beitragen aus Geiz nicht getätigt werden. Darüber spricht die Community kaum.
@4/Daniel
Gerade die Präferenzen bei Auto und Immobilie hängen doch sehr von den individuellen Umständen ab.
Beispiel Auto: Die normalen Fahrtwege von meiner Frau und mir sind maximal 20km. Eine längere Fahrt gibt es vielleicht einmal pro Quartal.
Was wollen wir bei diesen kurzen Strecken mit Massagesitzen und Fahrassistenzsystemen? Bei solchen Umständen kommen die Vorteile des von dir beschriebenen Premiumsautos einfach nicht zum Tragen, weswegen wir auch nur ein älteres Auto der unteren Mittelklasse gekauft haben.
Und typische Frugalisten werden wohl eher selten lange Arbeitswege haben, insofern hätten die Komfortfeatures der Premiumautos auch bei ihnen kaum tatsächlichen Nutzen.
Wenn du dagegen beruflich oder privat öfters und länger fahren musst, dann haben Komfortfunktionen bei dir dagegen tatsächlich Sinn.
So könnte sich der Widerspruch zwischen der typischen Frugalistenaussage zu Autos und deiner Einschätzung dazu auflösen.
Halten wir es doch einfach wie Friedrich der Große:
„Jeder soll nach seiner façon selig werden.“
Glück kann und darf unterschiedlich gelebt und verstanden werden. Das ist okay. Das Leben ist bunt. Zum Glück ist das so. Jeder soll dem anderen seinen Freiraum lassen.
Und wenn jemand bewerten will, soll er es tun, dann aber bitte im Stillen und nur für sich. Just my two cent… 😉
Jutta
Hallo helmut,
„man beispielsweise auf einen Job angewiesen ist, in dem von einem erwartet wird, dass man sich devot verhält, dass man alle Ungerechtigkeiten hinnimmt, ohne dagegen aufzubegehren – mit einem Wort, ein Leben, in dem es einem nicht vergönnt ist, seine Menschenwürde zu behalten?“
da sagst Du was – volle Zustimmung!
Und nach 28 Jahren in einer 24 qm-Wohnung muß ich sagen, etwas mehr darf es schon sein und hat man sich dann auch verdient – ich habe kürzlich meinen Wohnraum auf 48 qm verdoppelt und bin sehr glücklich damit! Aber mehr benötige ich nicht und 40 qm wären auch ok gewesen.
Also, jeder wie er will, aber die Wichtigkeit der eigenen Würde würde ich nicht unterschätzen.
Ich befürworte den Frugalismus und bin sehr glücklich mit nur 50 Dingen in meinem Leben. 49 Mehrfamilienhäuser und 1 Lamborghini.
GaLiGrü
MarcMitC