Dividenden Blog

23. August 2017

Equilibrium

per Definition ein System in welchem alle Dinge ausgeglichen sind ..

Ich erzähle nun zwei Geschichten ..

Geschichte 1: Der Arbeitnehmer

Stell dir vor du hast einen Traumjob. Um diese Arbeit zu machen musst du die Ausbilung selbst bezahlen. Diese ist teuer und kostet dich knapp 100.000 Euro. Nach dieser Ausbildung solltest du einen Job bekommen der gut bezahlt ist. Je nach Arbeitgeber liegt das Einstiegsgehalt zwischen 50.000 und 80.000 Euro im Jahr. Wenn alles gut läuft sind nach ein paar Jahren auch 120.000 bis 200.000 Euro drin.

Nun ist es aber so das in der Branche ein Preiskampf tobt. Sofern du in Europa bleiben willst hast du es schwer eine solche Anstellung zu finden. Du bewirbst dich beim europäischen Marktführer, die laden dich zu einem Gespräch ein und du bekommst den Job.

Die sagen dir aber, daß sie dich nicht direkt anstellen sondern du einen Vertrag bei einer anderen Firma bekommst welche deine Arbeitskraft dann diesem Marktführer zur Verfügung stellt. Diese andere Firma will dich aber nur als selbständigen Subunternehmer anstellen.

Kurzum .. um den Job zu bekommen arbeitest du als selbständiger Unternehmer.

Warum?

Der Marktführer spart sämtliche Sozialleistungen wie Krankenversicherung, Rentenversicherung, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall usw. ein. Er kann sich so sehr günstig deine Arbeitskraft sichern und wenn man dich mal nicht mehr braucht bist du schnell wieder weg.

Du schluckst die bittere Pille weil in deinem Job alles auf Erfahrung basiert. Frisch ausgebildet musst du dringend Erfahrung sammeln. Ohne viel Erfahrung nimmt dich nämlich auch kein anderer Marktteilnehmer.

Da du in diesem Job viel Verantwortung hast solltest du ihn wirklich nur ausüben wenn du 100% gesund bist. Problem hierbei .. da du selbständig bist gibt es kein Geld wenn du nicht arbeitest.

50% deines Gehalts sind variabel und werden direkt von deinem Arbeitnehmer bestimmt. Du kannst es selbst nicht beeinflussen. Die Vorbereitung auf deinen Job wird nicht als Arbeitszeit anerkannt und auch nicht bezahlt. Dein Arbeitgeber kann dich ohne große Vorwarnung überall in Europa einsetzen. Wenn keine Aufträge da sind kannst du einfach so in unbezahlten Urlaub geschickt werden.

Außerdem führt dein Arbeitgeber interne performance Listen. Diese sind für alle Kollegen einsehbar. Sie zeigen wer dem Arbeitgeber bei der Ausübung des Jobs am meisten Geld spart und eben auch welcher Kollege Ressourcen „verschwendet“.

Die Gehälter deiner Kollegen bewegen sich allesamt am unteren Limit der Branche. Manche verdienen weniger als den gesetzlichen Mindestlohn.

Geschichte 2: Der Marktführer

Du bist Chef einer Firma die über 20% Umsatzrendite macht und das in einer Branche in der andere erfolgreiche Wettbewerber knapp über 5% Rendite schaffen. Du hast in 20 Jahren den Markt planiert. Du bist von ein paar hundert auf 11.000 Angestellte gewachsen. Machst 2016 6,5 Milliarden Umsatz und 1,3 Milliarden Gewinn. Du hast 117 Millionen Kunden. Vor 20 Jahren waren es nicht mal zwei Millionen.

Filialen öffnest du zu 90% nur an Orten welche dir massive Subventionen zugestehen. Du verlangst von diesen Orten über Jahre hohe Marketingzuschüsse. Sollten die Subventionen weniger werden schließt du deine Filiale und ziehst in den nächsten Ort. Deine Kunden behandelst du wie Legehennen. Dein Produkt ist im besten Fall befriedigend, dein Kundenservice ist mangelhaft und du verlangst für alles extra Gebühren.

Trotzdem wächst die Anzahl deiner Kunden weil du einfach der billigste Anbieter bist. In dieser Branche ist billig alles. Kaum jemand ist bereit für ein besseres Produkt mehr zu bezahlen. Deine Kunden lassen sich mieß behandeln weil sie einfach Geld sparen.

Ein Großteil der anfallenden Kosten in deiner Branche ist für alle Wettbewerber gleich. Diese fallen an und lassen sich nicht reduzieren. Die variablen Kosten sind deine Angestellten, die Qualität deines Produkts und der Standort bzw. die laufenden Kosten deiner Filialen.

Deine Angestellten beutest du aus. Deine Filialen wechselst du (sofern notwendig) wie andere ihre Unterwäsche und dein Produkt ist gelinde gesagt scheisse. Du wächst pro Jahr um 10% – 15%. Ein Ende ist nicht abzusehen.

Trotzdem sind diverse deiner Wettbewerber (u.a. wegen dir) mittlerweile insolvent bzw. massiv angeschlagen. Allesamt Wettbewerber die nicht sooo viel teurer sind als du, ihre Angestellten etwas fairer behandeln und auch ein besseres Produkt haben.

Ja und .. ist doch nur eine Geschichte?

Nein. Der Marktführer ist Ryanair und der Angestellte jeder frisch ausgebildete Co-Pilot der dort anfängt. Seine Kollegen sind Flugbegleiter. Alles was da oben steht ist Fakt und lässt sich leicht nachrecherchieren.

Das ist halt die Krux mit der Liberalisierung von Märkten. Sie kann Märkte effektiver machen und Preise senken. Man sollte aber nicht außer acht lassen zu welchem Preis. Ryanair nutzt jedes Loch in den Gesetzen. Nichts von dem was sie machen ist aktuell illegal. Die EU ist zu träge um zu agieren. Wenn eine Gesetzeslücke geschlossen wird hat Ryanair schon wieder drei neue gefunden.

Am Rande .. wenn Ryanair jedem seiner Angestellten 10.000 Euro mehr pro Jahr zahlen würde, würde der Gewinn um 110 Millionen Euro sinken.

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