oder vielleicht Bildung ganz allgemein?
In sozialen Medien lese ich oft dass es mehr finanzielle Bildung braucht, daneben braucht es dann auch mehr politische Bildung, mehr historische Bildung, mehr geographische Bildung und was weiß ich noch.
Dann wird nach den Schulen geschrien.
Man muss Bildung XYZ in den Lehrplan aufnehmen. Man muss grundlegende deutsche Steuerinformationen im Unterricht vermitteln, man muss Grundlagen der Ernährung als Schulfach anbieten usw.
Da denke ich dann immer: Na ich weiß nicht.
Die Schule soll auf das Leben, eine Ausbildung, ein Studium vorbereiten. Da fände ich es eher wichtig, dass man Kindern hilft, ihr Potential zu entwickeln und das dann fördert. Oder ihnen Lust macht sich mit einem Thema neben dem Unterricht zu beschäftigen.
In der Schule sollte man aus meiner Sicht beigebracht bekommen selbständig zu denken und das Lernen lernen.
Wenn ich dann später mit einem Thema konfrontiert bin, welches neu für mich ist, sollte ich in der Lage sein mir selbst die Grundlagen beizubringen und Bullshit von Wahrheit zu unterscheiden.
Und (ich kann jetzt nur von meiner Schulzeit sprechen) .. das lief eher untergut.
Neben den Fächern Geschichte und Geographie hat mich bis zur Oberstufe keins der anderen Fächern interessiert. Einzig eine AG wo wir auf 286ern Basic programmiert haben fand ich spannend. Die AG gab es leider nur ein Jahr lang. Später (Oberstufe) hab es zwar dann das Fach EDV, aber entweder wir haben stundenlang Struktogramme gemalt oder wir haben Excel Tabellen durch die Gegend geschubst.
Aber so wildes drauflos programmieren .. Chaos, Kreativität gab es nicht. Es folgte alles dem Lehrplan. Und ich kann mich an EDV Stunden erinnern wo wir nicht mal im Computerraum saßen.
Extraschlecht war ich in Mathe, Chemie und Physik. Fakt war einfach, hat es mich nicht annähernd interessiert, hab ich im Unterricht abgeschaltet.
Aber warum wurde mein Interesse nicht geweckt?
Ich lerne gerne Dinge an Beispielen aus der echten Welt, per Try & Error und mit Realitätsbezug. Das hat aber zu meiner Schulzeit in vielen Fächern nicht stattgefunden. Oder so gesagt, ich weiß bis heute nicht für was ich eine Kurvendiskussion brauche. Ein paar Jahre später (während der Ausbildung) war ich in Rechnungswesen dagegen ziemlich gut. Ich hatte verstanden warum Finanzmathe brauche und für was es sinnvoll ist.
Natürlich ist nicht jeder so. Aber oft hatte ich in der Schule den Eindruck, dass Leute die besonders gut auswendig lernen konnten (oder freiwillig die Zeit aufwendeten) die besten Noten absahnten. Ich fand es immer unnütz etwas auswendig zu lernen dass ich ne Woche später wieder vergessen hatte.
Wahrscheinlich bin ich darum auch sitzen geblieben.
Die besten Lehrer waren übrigens die, die für ein Thema gebrannt haben. Nur leider waren das nicht sehr viele zu meiner Zeit.
Ich habe die Befürchtung, dass es bei finanzieller Bildung ähnlich wäre. Die meisten Kinder interessiert das in dem Alter kaum. Taschengeld gibt es von den Eltern oder vom Ferienjob. Einen wirklichen Bezug zu den Themen: Wieviel Geld brauche ich später, was kann man wo verdienen, wie spart man richtig, was kostet eine Kredit etc. hatte (ich zumindest) damals nicht.
Spannend wurde es bei mir erst als ich selbst Geld in der Hand hatte (also mehr als Taschengeld) und als ich praktisch in der Lage war mir Dinge zu kaufen die ich mir nicht leisten konnte.
Ein theoretisches Börsenspiel in der 12 Klasse das von der Sparkasse angeboten wurde hat mich damals so fasziniert wie Gras beim Wachsen zuzuschauen.
Als ich das erste mal mehr Geld hatte als ich brauchte waren Aktien, Fonds, der neue Markt (damals) plötzlich sauspannend.
Als ich das erste mal ein Auto gekauft habe, habe ich gespürt wie weh das tun kann wenn man fünfstellige Beträge gegen ein Ding tauscht das im Grunde nur an Wert verliert.
Ich weiß nicht wie heute in Schulen gelehrt wird. Ich hoffe es hat sich viel geändert und man vermittelt mehr Lust und unterrichtet praxisnäher.
Ich sehe aber in erster Linie erwachsene Menschen in einer Holschuld.
Wenn du etwas nicht kannst, nicht weißt, schief läuft etc. dann liegt es erst mal an dir selbst das zu fixen. Man kann sich Hilfe holen, sich den Bums selbst beibringen, Bücher lesen, Videos schauen .. es gibt keine Ausreden warum man sein Leben nicht selbst im Griff haben sollte. (Erkrankungen oder problematische Lebensumstände ausgenommen).
Du bist selbst für dich verantwortlich .. eben auch finanziell und es braucht absolut keinen Einstein, um zu verstehen, dass man nur das Geld ausgeben kann das man hat.
Also, von dem was ich von meinen Kindern mitbekomme, hat sich nicht grundlegend was geändert. Aber es wird schon mal versucht sowas rein zu bringen.
Ich lerne übrigens ganz anders als du. Ich liebe Systematik. Und Informatik habe ich erst kapiert und Spaß dran entdeckt, als ich lange nach der Schule mal einen Programmierkurs für Frauen gemacht habe, wo ich erstmals von Nassy Schneidermann Diagrammen gehört habe. Mir ist es super angenehm erst ein Diagramm zu malen und dann erst an den Rechner zu gehen.
Gehirne sind wirklich ganz verschieden.
LG Silke
Ich lese aus dem Artikel zweierlei und bin damit d’accord:
1. Schule vermittelt vor allem Regeln (gerne mal ohne die Begründung für die Sinnhaftigkeit der Regeln). Der Schüler lernt die dann meist auswendig, wenn er gut sein will.
Sinn ergibt das kaum.
2. Der Erwachsene hat vor allem eine Holschuld (bei so manchem im Leben). Es liegt also an ihm
Die Erwachsenen in meiner Umgebung (und ich bin schon ziemlich lange erwachsen) gehen aber lieber Essen und fahren in den Urlaub. Für alles andere ist „der Staat“ zuständig.
Ist bequemer.
Ich habe inzwischen die Hoffnung verloren, dass da Besserung eintritt.
Als Aussteiger, der 10 Jahre hinter dem Lehrerpult in der Sek2 stand, kann ich zu deinem Artikel folgendes sagen:
1) Der staatlich verordnete Schulbetrieb in GER ist als System ggü. der preußischen Volksschule kein Stück weiter gekommen, nur die gewünschten Freund-/Feindbilder haben sich gewandelt: In Preußen benötigte man den hörigen Absolventen für den nahenden Militärbetrieb; heute benötigt man den ideologiehörigen (und eben nicht selbst denkenden) Absolventen für alle Arten von kulturellen und evtl. bald echten Kämpfen (Schule gegen „Rechts“, gegen Klimakrise, gegen „Rassismus“, gegen Heteronormativität und das Patriarchat, gegen Russland, …).
2) Das was durch die Kultusministerien in dieses System gedrückt wird hat mehr mit universitärer Lobbyarbeit (ich sage nur: Schreiben nach Gehör) zu tun, als mit dem, was man unter dem Begriff „Studierfähigkeit“ wirklich brauchen könnte.
Das war auch der Grund meines Ausstiegs. Mir ging es immer darum zu lehren, wie ein junger Mensch das Handwerkszeug bekommt, sich das Wissen zu suchen und anzueignen, was er als faktisch wahr und brauchbar bewertet hat und daher wirklich nützen kann. Egal, ob mir als Lehrer die Quelle oder der Inhalt schmeckt oder nicht.
Das System Schule möchte heute dem Schüler vorausgewählte „Wahrheiten“ vorgeben und direkt mit gut und böse Bewertungen versehen, um Linientreue in Menschen anzulegen. Die Suche nach echter Wahrheit bleibt dabei auf der Strecke.
Lösung böte nur ein umfassender Neustart, der aber nie kommen wird.
Passt nicht ganz zum Thema, aber weil ich gerade den Namen des letzten Kommentators lese:
Ausgsting (bayrisch für ausgestiegen)
Kinostart: 28. August
https://www.filmfest-muenchen.de/de/programm/filme/film/?id=8095&f=120