Dividenden Blog

19. Oktober 2023

Reisen

Ich schaue mir gerne Länder an. Manche nennen das Urlaub aber oft ist dieses Reisen anstrengender als daheim zu arbeiten. Ich kann mich an Touren in Westafrika erinnern wo ich danach so platt war, dass ich gerne nochmal vier Wochen Urlaub gehabt hätte. Der lange Flug tut sein Übriges.

Man kann sich natürlich in der Türkei an den Strand knallen (und da ist nichts gegen einzuwenden) aber meins ist das nicht so. Habs gemacht, war danach total entspannt und hätte mich ehrlich gesagt auch daheim auf die Couch legen können. Aber manchmal braucht man vielleicht sowas.

Ich fahre in Länder auch nicht unbedingt wegen alten Steinen oder der Kultur. Ich will sehen wie es dort ist, wie die Menschen so sind, wie (Super-) Märkte aussehen, was gegessen wird, wie das tägliche Leben läuft, ich will durch die Gegend schlendern, am liebsten öffentliche Verkehrsmittel benutzen usw.

Manchmal aber auch weil man gerade mal den Namen des Landes kennt und sonst keinen Plan hat wie das dort so ist. So hat es mich schon in den Oman, Laos, Mali, Gambia, Georgien, Nepal .. verschlagen. Man kann fast sagen, je unbekannter das Land als Ziel für Touristen ist, desto spannender fand ich es.

Ab und zu schließe ich mich dann Reisegruppen an, gerade wenn ich die Sprache dort nicht spreche ist es doch extrem hilfreich jemanden als Reiseleiter zu haben der die Sprache spricht. Auch der Transport ist dann geregelt und man muss nicht soviel vorbereiten und planen.

Mache ich sowas, buche ich nicht mehr bei deutschen Veranstaltern. Das habe ich früher gemacht und oft waren leider die typischen deutschen Meckermenschen dabei. Man beschwerte sich, dass die Hütte im Busch (ohne Strom) keinen Schrank hatte, erklärte mir ungefragt wie ich mich zu verhalten habe und was richtig oder falsch ist und im schlimmsten Fall gingen Gespräche darum was in Deutschland alles falsch läuft. Dann wurde auch noch gerne über den Job geprahlt.

Das brauche ich nicht. Habe ich ja schon ungefragt genug in Deutschland, auch wenn ich versuche solche Kontakte stark zu begrenzen.

Ich buche also bei Veranstaltern in England, USA oder sogar Australien.

In den letzten Wochen war ich in Usbekistan und Turkmenistan und in der Reisegruppe befanden sich Kanadier, US-Amerikaner, Holländer, eine Britin, Australier und noch zusätzlich ein Deutscher. Das war super angenehm. Kein Mensch hat sich über irgendwas aufgeregt oder beschwert, die Kanadier haben sich dauern gegenseitig (lustig) aufgezogen und ich bekam mal wieder einen Realitätsabgleich.

Erlebnisreisen sind aus meiner Sicht eine extrem gute Investition. Man kann viele Jahre seine Familie und Freunde mit den Geschichten nerven. Man hat Erinnerungen und Erfahrungen die nicht mehr weggehen und einen prägen können und vor allem sieht man oft wie dankbar mein sein kann in Deutschland geboren zu sein und einen deutschen Pass zu haben.

Wenn man erlebt wie chaotisch manche Länder sind, wie wenig man sich auf Dinge verlassen kann die hier selbstverständlich sind und wie aufgeschmissen man wäre wenn man sich eine Krankheit einfängt, kommt man gerne nach Europa zurück und sieht eher die guten Dinge hier.

Ich würde gerne die oben genannten Motzmenschen mal vier Wochen in der Sleeper Class durch Indien schicken oder alleine in Timbuktu aussetzen. Danach sollten sie eigentlich geheilt sein und die Privilegien die sie haben (ein EU Bürger zu sein) zu schätzen wissen.

Jungen Menschen empfehle ich immer eine Reise gegenüber dem Kauf von Dingen. Nichts hat meinen Horizont so erweitert und meinen Blick auf die Welt so stark verändert wie wochenlang mit dem Rucksack durch ferne Länder zu streifen.

Kommentare:

  1. Samuel

    Da bekomme ich ja richtig lust auf meinen nächsten Urlaub!

  2. LJW

    Kann ich Dir in jedem der geschriebenen Worte zu 100% zustimmen

  3. Paul

    Hast schon recht.
    Hat mich aber trotzdem ein bisschen an meine Oma erinnert. Sie hat immer zu mir gesagt: Sei zufrieden. Den Menschen (sie hat ein anderes Wort verwendet) in Afrika geht es viel schlechter.

  4. Alf

    Hey,
    da bin ich auch zu 100% bei Dir. Mit dem älter werden ändert (man) sich auch ein wenig. So habe ich mit 46 Jahren in Indien festgestellt, dass ich auf diese Art und Weise nicht mehr verreisen möchte, was mit 30 überhaupt kein Problem war.

    Schönes WE

  5. Fynn

    Moin Mad,
    kannst du mal Empfehlungen rausgegeben wo du buchst?
    Mit welchen ausländischen Reiseveranstalter reist du?
    Liebe Grüße
    Fynn

  6. Jonny

    Hi MAD

    Du sprichst mir aus der Seele. Doch so weit muss man garnicht reisen um die feinen, kleinen Unterschiede zu entdecken. Wir waren diesen Sommer in Schweden. Zwei Wochen per Rad und Zelt, wie früher in Studentenzeiten. Uns wurde schnelle klar, was wir Deutsche dich für Idioten sind. Die Freundlichkeit. Keiner der sich in Vordergrund drängt. Alles im öffentlichen Raum ist darauf ausgerichtet, gemeinsam eine schöne Zeit zu haben: Grillplätze, saubere und kostenlose Toiletten, Spielplätze alle mit Tisch und Bänken, Fußgänger und Fahrradfreundliche Straßen und Autofahrer (!). Und dann die Ankunft im Hafen Rostock: Kulturschock.

    Wir haben verlernt dankbar zu sein

  7. Mad

    @Fynn

    das war in diesem Fall G Adventures (https://www.gadventures.com/) haben mittlerweile auch ne deutsche Website

  8. Rappo

    Toller Bericht. Ich kann dem nur zustimmen.

    Eine Sache sehe ich jedoch etwas anders. Das mit den Erinnerungen.

    Mittlerweile habe ich quch einige Länder gesehen. Und viele Dinge, welche ich zb in Mexiko vor 20 Jahren erlebt habe, sind bei mir verschwommen.

    Als jemand mal sagte, „schau Dir mal den Turm in Brügge aus „Brügge sehen und dann sterben“ an, hatte ich erst kurz vergessen, dass ich da ja schonmal war.

    Ich will damit sagen, dass ich zwar alles genossen habe. Und ja, mein Horizont hat sich auch erweitert. Aber mittlerweile (bald mitte 40) reicht mir auch der einfache „Urlaub“ am norddeutschen Strand. Da bin ich in 15 Minuten mit dem Auto und Abends im Garten am Lagerfeuer oder aufm Sofa mit Popcorn, Familie und Film.

    Zumindest bei mir verschwimmen die ganzen Urlaube und Reisen. Daher sind es zwar „Dinge die mir niemand nehmen kann“- das passiert von ganz alleine. Ein schönes Leben mit weniger Hektik und Stress ist mir persl. Mittlerweile viel Wichtiger.

  9. Dividenden Markus

    Wieder ein ganz wunderbarer Blogbeitrag, in dem ich mich zu 100% wiederfinde.

    An die 10 Tage türkische Hotelanlage mit der Familie kann ich mich kaum noch erinnern. Dafür aber an die vielen Business Trips mit einem Geschäftspartner. Die führten uns auf einen Roadtrip durch Texas, zu vielen Open House Erlebnissen in Florida, unbeabsichtigt in eine Favela von Asunción (Paraguay) oder einen Aborigines-Slum in Ostaustralien…

    Auf diesen Trips das daily life zu erleben und im Alltag der Einwohner involviert zu sein, hat meinen Horizont sehr erweitert.

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