Die Tage habe ich mit einer ehemaligen Kollegin gequatscht. Sie arbeitet immer noch bei der Firma in der ich die Ausbildung gemacht habe und dann 10 Jahre gearbeitet habe. Die Firma gehört zu Pentair, einem der 500 größten US Konzernen. In den Jahren die ich dort war, habe ich insgesamt drei Entlassungsrunden mitgemacht.
Das lief so ab:
- als erstes kamen Gerüchte auf das die „Zahlen“ nicht so gut sind
- ein paar Monate später kolportierten die Abteilungsleiter das der Umsatz nicht „stimmt“
- man sorgte also für Unsicherheit ohne konkrete Aussagen zu Gewinnen/Verlusten zu machen
- einigen Kollegen wurden Abfindungsangebote gemacht, die waren oft aber nicht wirklich lukrativ
- dann musste jede Abteilung 10% Mitarbeiter abbauen
- sozial verträglich war die Auswahl allerdings nicht .. man hat nämlich bevorzugt die entlassen die älter (45+) und somit teurer waren
- mich hat es damals also nie erwischt obwohl ich damit gerechnet habe
- der verbliebene Haufen hat dann freiwillig und unentgeltlich 2,5 Stunden mehr pro Woche gearbeitet
- gerüchteweise bekamen Abteilungsleiter einen Bonus wenn sie mehr Kollegen „abbauen“ konnten
- alle haben „oooh“ und „uuuuh“ geschrien und dann war wieder Ruhe
Erlebt habe ich das dreimal in 10 Jahren. Wir hatten auch gute Jahre wo der Gewinn angeblich hoch war. Da gabs dann zumindest ein Grillfest. Das ist doch auch mal was!
In den letzten 30 Jahren hat Pentair allerdings nur zwei mal ein negatives Ergebniss gehabt und das auch nur in zwei Quartalen. Außerdem war das NACHDEM ich das Unternehmen verlassen habe (Ja .. denkt mal drüber nach).
In der Zeit in der ich dort war gab es also laut offizieller Jahresabschlüsse nie Verluste. Gut möglich das der Bereich in dem ich war nicht die Erwartungen erfüllt hat. Aber nicht mal die kannte ich. Die konnten mir also erzählen was sie wollten .. und wahrscheinlich haben sie das auch.
Pentair ist nämlich ein sog. Dividenden Aristokrat .. die steigern die Ausschüttungen seit 27! Jahren in Folge. Das kann man nicht machen wenn man permanent an der schwarzen Null rumkratzt.
Die Strategie des Managements war also:
Alle paar Jahre die überflüssigen Pfunde abspecken um die Lady wieder attraktiv für die Investoren zu machen. Das haben sie gut gemacht. Die Firma steht glänzend da. Dabei mussten halt ein paar Menschen über die Klinge springen. Dem Rest hat man Angst gemacht, freiwillige und unbezahlte Überstunden abgerungen und somit die Produktivität gesteigert. (Nein der Schröder hat sich das nicht für die Agenda 2010 abgeschaut .. oder doch?)
Ein Management das so effektiv Umsatz und Gewinne steigert und dementsprechend die Investoren glücklich macht ist der Traum eines jeden Anlegers. Ist ja auch wurscht wie es den Mitarbeitern geht. Ich habe bis heute keine Aktien von Pentair .. aber nur weil ich viele Mitarbeiter dort kenne und weiß wie groß der Druck ist. Und NEIN ich mach mir keine Illusionen das es in anderen Firmen nicht genau so zugeht. Ändern kann ich das sowieso nicht. Erst wenn diesen Firmen die Mitarbeiter in Scharen weglaufen und sie keine Neuen bekommen passiert vielleicht was.
Aber solange es mehr Menschen als Arbeit gibt mache ich mir auch hier keine Illusionen.
Ich habe damals kapiert das ich dieses System nicht ändern kann, aber ich kann versuchen die Seiten zu wechseln. Denn der Manager arbeitet für den Aktionär und will den glücklich machen und nicht seine Mitarbeiter.
Und ja .. ich bin gern glücklich.