Dividenden Blog

9. Mai 2023

Wie würde ich heute mein Depot aufbauen?

Frage von Finert:

Ich fände es sehr sehr interessant von dir eine Einschätzung zu bekommen wie du Stand heute dein Depot aufbauen würdest. Ich lese seit Jahren deinen Blog, habe viele deiner Depotpositionen angeschaut und bin immer wieder „neidisch“ nach dem Motto: Ach, wenn ich vor ein paar Jahren schon Geld gehabt hätte, dann hätte ich da auch gerne investiert…

Derzeit mit den starken Schwankungen sind ja zumindest die prozentualen Dividendenrenditen nicht ansatzweise so „gut“ wie bei dem Großteil deiner im Depot befindlichen Werte – würdest Du trotzdem zum aktuellen Preis quasi nochmal einsteigen? Glaubst Du die Rendite steigt analog? Ich versuche einzelne Kandidaten per Cherrypicking ins Depot zu holen, da aber der Großteil der Positionen aus meiner Sicht schon recht teuer ist bleibt leider alternativ „nur“ der ETF als Alternative mit Sparplan, die Einzeltitel sind für meinen Geschmack leider gefühlt schon fast aus dem Rennen.

Und ich versuche zu antworten:

Ich habe mein Depot über mehr als 10 Jahre aufgebaut. Da ergaben sich diverse gute Kaufgelegenheiten. Generell habe ich versucht „günstig“ einzukaufen. Also Aktien bzw. Firmen die unter ihrem Fair Value gehandelt wurden.

Die Idee in einem Satz:

Kauf von unterbewerteten Firmen die eine Historie von Dividendensteigerungen haben und wenn möglich über ein solides Geschäftsmodel verfügen, einen Burggraben haben oder starke Marken besitzen.

Solche Aktien gibt es immer. Mal mehr oder weniger.

Beispiel:

Der Preis von Erdöl lag im Jahr 2020 bei unter 15 USD pro Barrel. Der Kurs von Exxon lag ebenso am Boden, bei um die 35 Euro. Auch wenn es schlecht aussah, war abzusehen, dass der Ölpreis nicht so tief bleiben wird. Exxon verdient sein Geld mit der Förderung von Erdöl. Mit steigendem Ölpreis sollte also Exxon wieder mehr Geld verdienen. Der Ölpreis liegt derzeit bei 75 USD, und bis heute hat sich der Preis einer Exxon-Aktie etwa verdreifacht. (Jaja … im Nachhinein ist man immer schlauer.)

Das ist natürlich ein extremes Beispiel, und die Abhängigkeit von volatilen Rohstoffmärkten ist enorm.

Aber das gibt es immer wieder auch in kleinerem Umfang. Aktuell könnte man sich z.B. mal Pfizer oder Qualcomm ansehen. Beides sind zwei Riesen, die signifikante Burggräben haben, aus meiner Sicht solide aufgestellt sind und durch die Corona-Phase viel Geld verdient haben und nun wieder etwas auf den Boden der Tatsachen zurückkehren, da die Corona-Umsätze nicht zu halten waren.

(Keine Kaufempfehlung! Pfizer und Qualcomm habe ich im Depot, Exxon nicht.)

Um es vielleicht zusammenzubringen:

Man hat eine Watchlist, wo Firmen draufstehen, die man sich gerne ins Depot legen würde. Da sind dann sicher einige drauf, die man als zu teuer empfindet. Aber das muss nicht so bleiben. Vielleicht wartet man ein paar Monate oder Jahre, aber irgendwann kommt der Kurs zurück, und wenn der Grund, warum man die Aktie haben möchte, weiter valide ist, greift man zu.

Manchmal findet man auch gar keinen Einstieg. Ich habe nie einen Punkt gefunden, um bei LVMH einzusteigen. Das ist halt so. Bei anderen Firmen habe ich irgendwann in den sauren Apfel gebissen und sie trotzdem gekauft (ASML), weil ich nicht wirklich sehe, dass es hier irgendwann einen Einbruch geben wird.

Heute würde ich wieder so starten.

Dabei würde ich wahrscheinlich auch einige Werte „zu teuer“ kaufen, weil sie halt nie billig sind .. Coca Cola, Procter & Gamble .. einfach weil ich denke, dass deren Brand / Marktmacht wahnsinnig stark ist und sie viel Geld verdienen.

Zum aktuellen Kurs würde ich mir sicher nicht alle Aktien, die in meinem Depot zu finden sind, kaufen.

Sofern man nicht plötzlich zu viel Geld bekommt, ist der Aufbau eines Depots ein langfristiger Prozess, der über viele Jahre geht. Man läuft mit und wenn sich Gelegenheiten bieten, steigt man ein.

Kommentare:

  1. Thomas

    1.)Wenn man einen ETF kauft, kriegt man die teuren Aktien keinen millicent billiger.
    2.) wenn man auf die andere Seite vom Fluss will(sinnbildlich von arm nach reich) kann man sich die dünnste Querung suchen, aber irgendwann muss man auch losschwimmen.
    3.) man kann nur zu den Preisen von heute kaufen und nicht zu den Preisen von gestern. Was morgen kommt, weißt Du nicht genau.
    4.) losmachen und lernen.
    Du siehst, was gut ist und was nicht und danach ändert sich Dein Kaufverhalten.

  2. Tina

    Ich stimme Thomas zu. Einfach mal machen. Entweder per Sparplan einsteigen oder beim (Neo-)Broker mit kleinen Tranchen starten (evtl. über fractional shares).
    Dank Aktienscreenern, Blogs, Watchlisten und Echtgeld- und Musterdepots (und ich meine NICHT wikifolio) gibt es heute so viele Möglichkeiten, Wunsch- und Nachkauftitel im Blick zu behalten.
    Ich hab es kürzlich wie Matthias gemacht und „teure“ Aktien gekauft. Schon Kostolany sagte „Wer die Aktien nicht hat, wenn sie fallen, hat sie auch nicht, wenn sie steigen.“ – 🙂
    Was die Dividendenrendite angeht: auf den ersten Blick sieht z.B. eine SAP vielleicht nicht sehr attraktiv aus mit 1,68%. Aber wenn du bspw. Aktien mit niedrigen Dividendenrenditen kaufst, dabei bleibst und nicht verkaufst, erhöht sich bei regelmäßigen Erhöhungen der Dividende auch deine persönliche Dividendenrendite (in Bezug auf den Einstandskurs).

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