Dividenden Blog

16. Juni 2022

Tagebuch eines Bärenmarktes #2

ziola hat im Post gestern noch einen guten Punkt angebracht, Inflation und die Gründe dafür können natürlich regional sehr unterschiedlich sein. Wir leben zwar in einer globalisierten Welt aber die USA sind nicht von russischem Gas/Öl oder ukrainischem Weizen abhängig. Ebenso muss die USA bei der Erhöhung des Leitzinses nicht drauf achten ob das in einem Fiasko für Italien und Griechenland endet.

Das Problem ist hier, dass mit steigenden Leitzinsen die Staaten natürlich auch mehr Zinsen auf ihre Staatsanleihen bezahlen müssen. Das macht die Kreditaufnahme teurer und einigen Südeuropäern steht das Wasser ja schon bis zum Hals.

Dies sieht man aktuell auch wenn man USD und Euro vergleicht. Vor nem Jahr bekam man einen USD für etwa 83 Euro Cent. Aktuell muss man 96 Euro Cent dafür bezahlen. Das zeigt in erster Linie das die Märkte der FED einen konsequenteren Kurs und härteres Durchgreifen zutrauen als der EZB.

Wie kann man sich vor Inflation schützen?

Simpel gesagt: Dinge kaufen die wertstabil bleiben oder im Wert steigen, darum strömt gerade Geld in den USD. Weitere Assets wären Staatsanleihen von außerhalb der Euro Zone, Schweizer Franken, Sachwerte usw.

Investition in Firmen die von der hohen Inflation profitieren.

Wie das?

Der größte Treiber der Inflation sind in der Regel Rohstoffpreise. Also z.B. Öl, Gas, Erze, Weizen, Soja usw. Firmen die diese Produkte erzeugen können aktuelle weit höhere Marktpreise verlangen (wegen Angebot knapp und Nachfrage hoch) bedeutet, die Balance Sheets von Exxon, Shell oder auch Vale, BHP, Rio Tinto, Glencore dürften demnächst vor Gewinnen überlaufen.

Oder ich nehme mich selbst als Beispiel:

Über 80% meines Depots sind Aktien welche primär in USD gehandelt werden und Dividenden in USD ausschütten. Allein durch die Währungseffekte bekomme ich dieses Jahr über 10% mehr Dividenden OHNE theoretische Dividendensteigerungen (in Euro umgerechnet). Quasi ein netter Inflationsausgleich.

Will ich allerdings Aktien kaufen (und ich bevorzuge US Unternehmen) wurde das für mich relativ gesehen teurer. Ich muss einen Aufschlag bezahlen im Vergleich zu vor einem Jahr.

Funktioniert natürlich auch umgekehrt .. als der USD schwach im Vergleich zum Euro war, konnte ich günstig US Aktien kaufen. Meine Dividenden haben aber natürlich gelitten.

Was werden die Auswirkungen von steigenden Zinsen sein:

Eng wird es für Häuslebauer welche eine „Spitz auf Knopf“ Finanzierung haben. Angenommen diese Personen haben es gerade mal so geschafft Zinsen und Tilgung zu bedienen wird das in Zukunft eher russisches Roulette.

Das führt erst mal dazu, dass sich wahrscheinlich der heiß gelaufene Immo Markt in Deutschland abkühlt. Weniger Leute können kaufen oder bauen, Finanzierungen fallen aus und das Angebot steigt, Preise fallen.

Die Arbeitslosigkeit steigt, es gibt mehr Insolvenzen, die Leute geben weniger aus.

Diverse Unternehmen haben schon Einstellungsstopps ausgerufen. Angefangen hat das im Tech und Startup Bereich aber das wird sich ausdehnen. Da Unternehmen sparen werden kommt das Business auf den Prüfstand. Unternehmensbereiche welche magere Renditen abwerfen oder Verluste machen werden geschlossen oder verkleinert und das führt unweigerlich zu Entlassungen.

Firmen die mit kleinen Margen arbeiten oder massiv fremd finanziert sind werden Insolvenz anmelden, da eine Refinanzierung nicht mehr möglich ist. (Aktuell würde ich nicht gerne bei einem unprofitablem Startup arbeiten)

Die Arbeitslosenquote wird steigen und es wird auch viele Menschen treffen welche Finanzierungen am laufen haben welche dann ggf. nicht mehr bedient werden können.

Privater Konsum wird soweit möglich vertagt. Man fährt das Auto noch 2-3 Jahre länger, die Küche wird nicht renoviert und der Urlaub führt in den Harz und nicht auf die Malediven.

Das kühlt die Wirtschaft weiter ab ..

Was kann diesen Zyklus beenden?

Ein kurzfristiges Ende des Ukraine Konfliktes, in dem Russland so heraus kommt, dass wir wieder Buddies mit denen sein können würde zu sinkenden Öl, Gaspreisen und Rohstoffpreisen führen. Das führt dann dazu, dass die Inflation mehr oder weniger erstickt wird und die EZB müsste die Leitzinsen nicht weiter erhöhen.

Alternativ beschließt die OPEC eine massive Ausweitung der Ölförderung und Qatar schafft es das russisches Gas in Europa zu 100% zu ersetzen. (Ok .. da glaube ich selbst nicht dran).

Corona neigt sich dem Ende zu und es kommt nicht zu einer [ZAHL EINSETZEN] globalen Welle mit Lockdowns und Grenzschließungen.

Hat das Alles auch was Gutes?

Da der Euro weniger wert wird, werden Waren aus Europa auf dem Weltmarkt billiger, was grundsätzlich dazu führen könnte das die Nachfrage aus dem Rest der Welt für Maschinen, Autos und Industriegüter steigt.

Branchen bereinigen sich, Insolvenzen treffen erst mal die wirtschaftlich schwachen Unternehmen und wenn die aus dem Markt verschwinden steigen Marktanteile und Umsätze der übrig gebliebenen Wettbewerber.

Durch das sinken der Immobilienpreise sollten langfristig zumindest teilweise Mieten sinken bzw. Hauspreise. Da weniger gebaut wird, werden Handwerkerkosten stabilisiert und ggf. auch fallen. Das selbe gilt auch für Baurohstoffe wie Holz, Zement usw. das kann aber alles noch etwas dauern.

Europa wird sich in den nächsten Jahren sicher nicht mehr von einigen wenigen Rohstofflieferanten abhängig machen und gibt Gas bei der Abkehr von fossilen Energiequellen.

Disclaimer:

Ich habe mir hier nur Aspekte eines extrem komplexen Themas rausgepickt und sicher Vieles, was auch noch eine Rolle spielt nicht berücksichtigt. Ihr dürft gerne kommentieren und ich nehme eure Anregungen in einem der nächsten Posts dann auf.

Kommentare:

  1. Martin

    Hallo Mad,
    „in der Regel sind die Rohstoffpreise der größte Treiber der Inflation“. In der Regel. Bei uns allerdings treibt die Klimapolitik mit all ihren Abgaben und Steuern die Inflation massiv an. Gewollt?

  2. MarcMitC

    @Martin

    Absolut gewollt! Jeder klardenkende Mensch muss zum Thema Klima sofort erkennen, entweder Mensch oder Natur!

    Daher sind alle Maßnahmen Pro-Klima, ungefragt, unreflektiert und im Anschluss unüberprüft anzuwenden bzw. stetig fortzuführen. Punkt.

    Für den Rest, der dagegen cool bleibt, achtet ein wenig mehr auf die eigene Lebensweise, habt Spaß und zieht euer Ding an der Börse, wie ihr euch das vorstellt durch oder auch nicht.

    Eure Entscheidung, wie auch ich meine Entscheidungen treffe – zwinkersmiley –

    Viele Grüße

    MarcMitC

  3. Martin

    Es steht selbstverständlich jedermann frei, seine Selbstzerstörung zu betreiben. Allerdings gibt es auch Leute, die das nicht möchten und nicht durch mutwillig von Ideologen herbeigeführte Inflation um ihre Lebensgrundlagen gebracht werden wollen. Es wird immer dann gefährlich, wenn Ideen oder Theorien verabsolutiert werden.

  4. ziola

    Hallo zusammen,

    na jetzt bin ich berühmt – danke für die Blumen 😉
    Zu dem nächsten tollen Post und der „ist“ Lage:

    1. Immobilien – hier bin ich weitestgehend deiner Meinung – Häuslebauer haben jetzt wirklich nicht schön – nachdem alle Baukosten um mind. 30% über letzten 18 Monate gestiegen sind, ist auch die Finanzierung in letzten Monaten von ca. 1% auf 3% gestiegen. Hört sich nach wenig – bei einem Kreditbetrag von 400.000 Euro macht diese 2% mehr gleich ca. 650 Euro monatlich an Kreditkosten. Da wird es schnell Malle-Urlaub weg…

    2. Klimapolitik – wenn man es ehrlich betrachtet, muss es jedem klar sein, dass es alles verteuern wird. Auch wenn Putins Handlungen, diesen Zusammenhang vernebeln und man viel auf ihm momentan schieben kann – Energiepreise sind schon letztes Jahr kräftig angestiegen und würden auch dieses Jahr über die Decke gehen. Das alles in einem Industrieland ist leider ein K.O. und führt langfristig zur Konkurrenzlosigkeit auf dem Weltmarkt. Klar – man wird Zölle auf Produkte aus den nicht-ökologischen Ländern einführen können – am Ende zahlen es aber wir, da vieles hier in Deutschland einfach nicht hergestellt wird – siehe Aluminium oder Kunststoffgranulat. Die Klimapolitik wäre wesentlich „bekömmlicher“ wann man es attraktiv für jeden machen wurde – d.h. das investieren in diesem Bereich sich einfach lohnen wurde. Die jetzige Lösung, die einfach alles andere verteuert, ist keine tragbare Lösung.
    3. FED – 0.75% ist guter Anfang.. Heute fliegt wieder die Börse nach unten. Da bleibt nur warten und die Lage für Einkauf nutzen.

    Gruss
    ziola

  5. Thomas

    Unsortierte Gedanken zum Thema:
    1.) Wenn wir als europäische Investoren noch froh sind, das US Investments wg. dem steigenden Dollar noch relative Stärke beweisen,
    wie schlecht müssen US Investoren Europäische Aktien finden, die permanent fallen und die on top noch zusätzliche Verluste erleiden, weil der Euro fällt.
    Folge Kapitalabzug und die Kurse fallen weiter.
    2.) Karl Lauterbach et al wollen Corona auf die Tagesordnung setzen. Klimapolitiker wollen Klima auf die Tagesordnung setzen und Putin dreht den Gashahn zu.
    Finde den Fehler. Ironie für den, der sie versteht, Gazprom CEO Miller bringt heute Nordstream 2 ins Gespräch, sie wäre doch sofort einsatzbereit.
    3.) Am Anleihe und Rentenmarkt scheint auch die Luft zu brennen. Steigen die Zinsen fallen die Kurse. Wer neue kauft, schön, Wer alte schlecht verzinste hat: schlecht. und davon gibts Bergeweise Anleihen. Als Handelsobjekt betrachtet für derzeitige Inhaber zur Zeit nur Verluste.
    Wenn die Spreads europäischer Anleihen schon nach (nur!) 0,25 Prozent Leitzinsanhebung so stark divergieren, das die EZB gestern eine Sondersitzung zur Asymmetrie von Anleihekäufen macht, eine Woche, nachdem sie die Anleihekäufe eigentlich beenden wollte,
    und damit signalisiert, das sie vorrangig südeuropäische Anleihen kaufen würde, dann kann man nur noch mit dem Kopf schütteln, In Puncto Inflationsbekämpfung failure.
    4.) Löhne und Einkommen werden doch stärker steigen, weil u.a. Personalmangel herrscht. Firmen existieren aber nur mit working people. Zumindest in meiner Branche ist das so.
    Man kann in Phasen höherer Inflation im Arbeitsprozess über die Inflationsbedingten Einkommensanpassungen und dem hintendran hängenden Zinseszinseffekt m-E- einen höheren Kaufkrafterhalt erreichen als mit einem statischen bereits existierenden Kapitalstock aber außerhalb des Arbeitsprozesses stehend.

  6. Tagebuch eines Bärenmarktes #3 – getmad

    […] Ein paar Anmerkungen zu den Kommentaren des zweiten Tagebucheintrags: […]

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