Dieser Artikel stammt von Connie.
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Vorbereitungen für die Privatier-Phase – Teil 1: Ein erster Erfahrungsbericht
Vorbereitungen für die Privatier-Phase – Teil 2: Langfristige Finanzplanung
Vorbereitungen für die Privatier-Phase – Teil 3: Geld-Töpfe
Los gehts:
Nach etwas mehr als vier Monaten des Privatier-Daseins ist es mal Zeit für ein kleines Update. Die Themen bauen auf den ersten drei Teilen auf.
Deutsche Rentenversicherung (DRV)
Seit Dezember bucht die DRV den monatlichen Mindestbeitrag vom Konto ab (Monatsende). Im Februar habe ich dafür die Beitragsbescheinigung erhalten und kann das in der Steuererklärung entsprechend angeben.
Der monatliche Mindestbeitrag beträgt seit diesem Jahr 100,07 Euro. Damit fülle ich die Wartezeit von 35 Jahren auf, die man für die Rente mit 63 benötigt (aktueller Gesetzesstand). Ob ich die Abschläge ausgleiche, weiss ich noch nicht, für diese Entscheidung habe ich noch Zeit.
Krankenkasse
Im Oktober 2023 hat mir die Krankenkasse mitgeteilt, dass für mich der Mindestbeitrag gilt (trotz Abfindung). Dieser wurde ab Dezember monatlich von mir manuell überwiesen. Hierbei zahle ich sowohl den Arbeitnehmer- als auch den Arbeitgeberanteil. Der aktuelle Gesamtbeitrag (inkl. Pflegeversicherung) beträgt monatlich 233,31 Euro. Die Abfindung wurde bei der Berechnung nicht berücksichtigt, weil mein Aufhebungsvertrag die Kündigungsfrist abdeckt. Wer die Aussicht auf eine Abfindung hat, sollte dies unbedingt berücksichtigen – das spart sehr viel Geld!
Im Februar habe ich dann eine Vorauszahlung für drei Jahre an die Krankenkasse überwiesen und brauche mich nun erstmal nicht weiter darum kümmern. Dieses Vorgehen funktioniert bei freiwillig Versicherten in der gesetzlichen Krankenkasse (z. B. auch wenn das Gehalt über der Beitragsbemessungsgrenze liegt). Die Kalkulation des zu überweisenden Betrages war etwas knifflig, da ich noch investiere und daher steigende Kapitalerträge erwarte. Ich habe also etwas mehr überwiesen als die auf dem Mindestbeitrag berechnete Summe.
Zu Beginn des nächsten Jahres erwarte ich dann eine Bescheinigung der Zahlung für die Steuererklärung. Nach drei Jahren erstellt die Krankenkasse eine Abrechnung und ich muss entweder etwas nachzahlen oder bekomme etwas erstattet. Sofern eine Erstattung erfolgt (d.h. falls ich zu viel vorausgezahlt habe), muss ich das dann in der Steuererklärung angeben.
Im Vergleich zum ursprünglichen Finanzplan hat sich bei der Krankenkasse ein schöner Puffer ergeben, denn mein Finanzplan basierte auf dem Höchstsatz für die Krankenkasse im Abfindungsjahr. Ab 2025 habe ich nur noch Kapitalerträge als zu versteuerndes Einkommen und der Beitrag würde spätestens dann entsprechend angepasst.
Arbeitsamt
Ich habe mich bereits letzten Sommer arbeitssuchend gemeldet und hatte ein Gespräch mit dem Amt. Im Rahmen des Gespräches habe ich das Dispojahr vereinbart und gelte für das Amt derzeit als nicht existent.
Im Herbst dieses Jahres kann ich dann das ALG 1 zum 1. Dezember beantragen, dafür muss ich persönlich beim Amt erscheinen. Sobald ich den Leistungsbescheid habe, melde ich mich wieder ab (der Bescheid ist vier Jahre gültig). Warum ich das so mache, habe ich im ersten Teil erläutert.
Einkommenssteuer
Für 2024 habe ich aufgrund einer Abfindung einen ordentlichen Batzen Einkommenssteuer gezahlt. Diese wurde bereits nach der Fünftelregelung versteuert ausgezahlt (Achtung: hier scheint es zukünftig Änderungen zu geben: Die Regelung als solche bleibt wohl bestehen, aber man kann diese zukünftig nur noch über die Steuererklärung nachträglich geltend machen). Ab wann das gilt, weiß ich nicht.
Anscheinend habe ich mich bei der Steuerschätzung letztes Jahr etwas verrechnet – zu meinen Gunsten (ich kann allerdings den Fehler nicht finden). Egal – ich habe mehr Netto von der Abfindung ausgezahlt bekommen als erwartet – ein weiterer Puffer! Diesen hatte ich nicht auf dem Schirm. Da ich nicht weiss, wo der Fehler liegt, habe ich dieses Geld auf ein Festgeldkonto gelegt für ein Jahr. Ich glaube zwar nicht, dass ich diesen Back up benötige, aber better safe than sorry.
Meine monatlichen Beiträge zur Rentenversicherung sowie meine Krankenkassen-Vorauszahlung kann ich nachträglich für das Steuerjahr 2024 geltend machen und so einen Teil der Steuer auf die Abfindung zurückbekommen. Um diese Erstattung noch etwas weiter zu optimieren, habe ich einen Basis-Rürup Rentenvertrag abgeschlossen.
Ausgabenplanung – erster Realitätscheck
Bisher sind meine Ausgaben im erwarteten Rahmen geblieben. Bei den Fixkosten habe ich eine Änderung gemacht – die nicht-monatlichen Fixkosten (siehe 2. Teil) habe ich für 10 Jahre hochgerechnet und auf dem entsprechenden Konto hinterlegt. Momentan gibt es ja ein paar Zinsen und so lasse ich das erstmal stehen. Eventuell reduziere ich diese Rücklage auf 5 Jahre und investiere die Differenz ins Depot.
Verschiebungen gibt es natürlich zwischen den verschiedenen Posten der variablen Kosten: niedrigere Mobilitätskosten, dafür höhere Kosten für Restaurantbesuche und Freizeitgestaltung. Also nix, was man nicht auch erwarten würde. Da ich dieses Jahr diverse Reisen geplant habe, habe ich hierfür einen separaten Ausgabentopf vorgesehen.
Nicht angetastet bleibt weiterhin mein Fuck you Money, das bietet mir ein weiteres Jahr an Ausgabensicherheit.
Das neue Leben
Ich bin viel unterwegs, treffe Freunde & Bekannte und mache Tagesausflüge und die ein oder andere Wanderung. Dazu kommen Reisen übers Jahr verteilt. Und ich habe etwas mehr Kunst & Kultur in mein Leben gelassen.
Etwas Zeit stecke ich weiterhin auch in mein Dividendendepot. In den nächsten zwei Monaten schließe ich hoffentlich die Investments ab, danach fange ich dann mit der Dividenden-Entnahme an. Ggf. muss auch mal eine Firma getauscht werden, wenn der Investment Case nicht mehr passt. Nächstes Jahr werde ich vermutlich damit etwas Zeit verbringen und mein Depot aufräumen, was nächstes Jahr hoffentlich zu einer vollständigen Erstattung der Abgeltungssteuer führen wird.
Die komplett freie Zeitgestaltung ist grandios – das kann ich nur empfehlen. Die Umstellung war für mich bisher recht einfach, weil ich schon lange eine recht konkrete Idee davon hatte, wie mein Leben als Privatier aussehen soll. Ich könnte mir vorstellen, dass es ohne diese konkreten Ideen schwieriger wäre. Daher meine Empfehlung für angehende Privatiers: Setzt Euch vorab mit der Frage auseinander, wie Ihr Euer Leben gestalten und wie Ihr die Zeit nutzen wollt.
erstmal nice und Respekt, eine Abfindung kriegt man üblicherweise nur, wenn man vorher gescheit gearbeitet hat..
Das mit dem Abschließen des Investments und Übergang zur Dividendenentnahme sehe ich immer etwas skeptisch.
Ich hoffe, das die Projektion/Planung der monatlichen/jährlichen Fixkosten entsprechend der möglichen Inflationsraten dynamisiert (mit margin of safety) wurde. Ich würde trotzdem das Invest weiter ausbauen, dann steigen die Dividenden/Einnahmen weiter und man kann auch unvorhergesehene Kosten im Alter (Pflege, Körper-Ersatzteile, Heim??? ) besser stemmen, ohne das Investment abbauen zu müssen. Solange das sichergestellt ist, ist alles ok, wenn man aber mit dem Vermögensverzehr anfangen muß, hat man m.E. schon verloren und im Alter null Möglichkeit mehr, das ohne Zocken wieder aufzubauen. Die Kosten steigen unaufhörlich und unwiederbringlich weiter. Bitte never forget.
Aber nice,
sieht nach einem Plan aus…, wenn keine Langeweile aufkommt und das Schwatzen mit den Kollegen nicht fehlt,
dann ist ja alles paletti… 😉
Hi Thomas, richtig, geschenkt bekommt man eine Abfindung nicht.
Entnahmepläne sind ja immer sehr individuell und es kommt nicht nur auf die jeweiligen Lebenshaltungskosten an, sondern auch, über welche anderen Geldtöpfe man zu welchem Zeitpunkt noch verfügen kann (siehe 3. Teil, Absicherung Pflege siehe 2. Teil).
Mir würde es zum Beispiel theoretisch schon reichen, wenn das Depot zum geplanten Renteneintritt noch zu 25 % existiert. Soweit möchte ich das Depot aber gar nicht abbauen bis dahin.
Das habe ich natürlich auch mal nachgerechnet. Ebenso den Effekt höherer Inflationsraten oder starker Kurseinbrüche. Die Berechnungen hab ich immer auf Vermögensebene gemacht und nicht nur auf das Depot bezogen.
Was bedeutet dass der „Aufhebungsvertrag die Kündigungsfrist abdeckt“? Ich weiß nicht, was damit konkret gemeint ist.
LG
Hallo Silke
Nehmen wir beispielhaft und vereinfacht an, dass ein Arbeitnehmer einen Kündigungsfrist von 3 Monaten hat.
Szenario 1: Der AN unterschreibt einen Aufhebungsvertrag zum sofortigen Austritt aus dem Unternehmen. Die zu zahlende Abfindung wird dann als Einkommen betrachtet, worauf Krankenkassenbeiträge fällig werden.
Szenario 2: Der AN unterschreibt einen Aufhebungsvertrag mit einem Austrittsdatum, welches mindestens 3 Monate nach dem Unterschriftsdatum liegt. Dann wird die zu zahlende Abfindung nicht bei der Kalkulation des Krankenkassenbeitrags berücksichtigt.
Achtung: Das bezieht sich rein auf die gesetzliche Krankenkasse.
VG
Connie
Hallo Connie,
Danke für deine wertvollen Tips und Erfahrungen. Ich hoffe du berichtest weiter.
Glückwunsch, dass du dich so gut in die Privatierphase eingefunden hast.
[…] Gegen Abend ging es dann zurück in die Stadt. Im Ratskeller war der Fintwitkeller angesagt. Organisiert von NoobEne, kamen um die 100 Leute. Ein paar Kollegen vom Aktienstammtisch Augsburg (Stockmum, Shodan21) waren auch anwesend, ansonsten war es wirklich interessant mal einige Leute hinter den Twitter-Accounts kennenzulernen. Besonders spannend fand ich das Gespräch mit Connie (FinanzielleGelassenheit). Connie ist seit kurzem als Privatier unterwegs. Nachlesen kann man vieles dazu beim Matthias im Blog. […]
Hallo Connie,
vielen Dank für das Update, keep them coming:-) Ich finde Deinen Ansatz sehr hilfreich, auch beim Follow-up Deine Überlegungen etc. nach Themen geordnet zu erläutern. Und dass bei Dir Konto- und Depotstände nicht im Vordergrund stehen sondern „nur“ die schnöde Praxis finde ich auch sehr angenehm… Prima, dass sich Deine umsichtige Planung ganz offensichtlich auszahlt und Du sogar noch zusätzlichen Spielraum bei der Finanzplanung hast. Ich freue mich schon auf Deinen nächsten Beitrag!
LG
Christiane
Hallo Connie,
ich denke, Du bist auf einem guten Weg. Das wird klappen, denn Du hast alles nötige im Blick, um gegenzusteuern, wenn es mal nicht so läuft, wie geplant.
Hast Du den Fehler bei der Steuerberechnung inzwischen eigentlich gefunden? Wenn Du den Steuerbescheid mit der eigenen Rechnung vergleichst, muss ja an einer Stelle eine Differenz zu finden sein.
Lieben Dank für Eure netten Rückmeldungen. Ich werde immer mal ein Update schreiben, wenn sich genügend „Futter“ angesammelt hat (es kann also etwas dauern).
@ Andreas: Den Fehler hab ich noch nicht gefunden und werde auf 2025 warten, wenn ich die Steuererklärung für dieses Jahr mache. Bei einer Testeingabe für 2023 ist mir erstmal nichts aufgefallen. Nun werde ich mich in Geduld üben 🙂