Dieser Artikel stammt von Connie.
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Vorbereitungen für die Privatier-Phase – Teil 2: Langfristige Finanzplanung
Vorbereitungen für die Privatier-Phase – Teil 3: Geld-Töpfe
Der Erfahrungsbericht
In diesem Beitrag soll es nicht um den Aufbau eines Vermögens gehen, welches einen frühzeitigen Ruhestand ermöglicht, sondern um Vorbereitungen der Privatierphase (es geht also auch nicht um die Entnahmephase). Da es sich um einen persönlichen Erfahrungsbericht handelt, gehe ich nur auf Aspekte ein, mit denen ich mich bezüglich meiner eigenen Situation beschäftigt habe. Außerdem habe ich vieles etwas vereinfacht beschrieben. Wer das genauer nachlesen möchte, dem empfehle ich, einen Blick in den Blog vom Privatier zu werfen.
Deutsche Rentenversicherung (DRV)
Die Rente mit 67 ist das offizielle Eintrittsalter meines Jahrgangs. Die Rente mit 65 ohne Abschläge gibt es nach 45 Versicherungsjahren (die Bedingungen sind nachzulesen bei der DRV). Ich peile die Rente mit 63 an, diese wird mit Abschlägen (max. 14,4%) gezahlt, wenn man mindestens 35 Versicherungsjahre hat. Was genau berücksichtigt wird, findet sich hier.
Schulzeiten ab dem 17. Lebensjahr werden übrigens angerechnet, auch wenn man kein Einkommen erzielt hat und dementsprechend noch keine Beiträge gezahlt hat. Ob alles korrekt berücksichtigt wurde, sollte man über eine Kontenklärung bei der Rentenversicherung prüfen (vor dem 45. Lebensjahr!). Der Antrag auf Kontenklärung V0100 findet sich hier.
Man bekommt zwar jährlich eine sogenannte Renteninformation zugeschickt, aus der die aktuellen Ansprüche hervorgehen. Nützlicher ist allerdings die sogenannte Rentenauskunft – diese ist sehr ausführlich und listet u.a. alle berücksichtigten Versicherungszeiten auf. Hat man mal den Arbeitgeber gewechselt, würde ich das auf Vollständigkeit prüfen. Aus dieser Rentenauskunft gehen auch die Datumsangaben hervor, zu denen man die Rente mit 63, die Rente mit 65 und die Rente mit 67 beantragen kann. Die Rentenauskunft kann man hier anfordern.
Zum Beginn meiner Privatierphase mit 48 werde ich insgesamt 31 Versicherungsjahre erreicht haben. Da fehlen vier Jahre für die 35 benötigten Versicherungsjahre für die Rente mit 63 – das ist aber kein Problem, denn man kann diese Zeiten freiwillig auffüllen. Dazu beantragt man bei der DRV die freiwillige Zahlung des monatlichen Mindestbeitrags (derzeit 96,72 Euro). Für die Höhe der Rente macht es keinen wirklichen Unterschied, aber das Auffüllen der fehlenden vier Jahre erlaubt die Beantragung der Rente mit 63 (sonst käme nur die Rente mit 67 in Frage), und das ist vor allem aus Sicht der Krankenkassenbeiträge sinnvoll. Das Formular V0060 findet sich hier und kann online eingereicht werden.
Die Abschläge bei der Rente mit 63 betragen 14,4% auf die Rentenanwartschaft. Ab dem 50. Lebensjahr kann man sich ausrechnen lassen, wie hoch ein Ausgleichsbetrag sein müsste, um diese Abschläge zu vermeiden. Bei dieser Berechnung kommt meist ein sehr hoher Geldbetrag raus (mehrere 10.000 Euro) und eigentlich ist die Bezahlung dieses Betrags eine Wette auf die eigene Langlebigkeit. Allerdings ergibt sich hier eine Möglichkeit zur Gestaltung des zu versteuernden Einkommens. Da man diesen Betrag über mehrere Jahre verteilt zahlen kann, senkt man in den Zahlungsjahren das zu versteuernde Einkommen (diese Aussage gilt für nicht abhängig beschäftigte Privatiers – solange man arbeitet und sowieso in die Rente einzahlt, dürfte das anders aussehen). Das Formular V0210 für die Berechnung der Ausgleichszahlung findet sich hier.
Einen Haken hat die Privatierphase in Bezug auf die sogenannte Erwerbsminderungsrente. Wird man im Laufe des Privatierdaseins so krank, dass man nie wieder arbeiten kann, selbst wenn man wollte, dann kann man die Erwerbsminderungsrente nur beantragen, wenn zwischen Beginn der Privatierphase und der Erwerbsunfähigkeit maximal zwei Jahre liegen. Das liegt an zwei Voraussetzungen für die Erwerbsminderungsrente:
- Man muss fünf Jahre vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit in der Rentenversicherung versichert sein
- Man muss mindestens drei Jahre Pflichtbeiträge bezahlt haben
Hier helfen die eigenen Beiträge an die Rentenkasse nichts, denn diese sind freiwillig (d.h. keine Pflichtbeiträge). Nachzulesen sind die Bedingungen hier.
Krankenkasse
Nachfolgendes bezieht sich rein auf die gesetzliche Krankenkasse.
In Deutschland besteht die Pflicht zur Krankenversicherung für alle, so auch für Privatiers. Man trägt dann die Krankenkassenbeiträge komplett selbst (also auch den Arbeitgeberanteil). Wenn man freiwillig den Job aufgibt und in die Privatierzeit wechselt, dann zahlt man erstmal den monatlichen Höchstsatz! Eine genaue Zahl hierfür habe ich für meinen Fall noch nicht vorliegen (werde ich im Herbst 2023 bekommen).
Für die Krankenkasse füllt man einen Fragebogen aus und gibt die zu erwartenden Einkünfte an und muss diese auch belegen. Da sich die Einkommenssituation mit dem Beginn der Privatierphase verändert, kann das problematisch sein. Angenommen, man hat als Privatier „nur noch“ Kapitalerträge, dann sollten für den Anfang die Steuerbescheinigungen der Bank(en) ausreichend sein (so zumindest die Auskunft meiner Krankenkasse). Nun ist es aber so, dass die Steuerbescheinigungen der Bank(en) die kompletten Kapitalerträge ausweisen, das zu versteuernde Einkommen kann aber wesentlich niedriger sein. Sobald man den ersten Steuerbescheid der Privatierphase hat, sollte man diesen dann bei der Krankenkasse als Nachweis einreichen – und spätestens dann wird auch der Beitrag angepasst (dieser berechnet sich prozentual auf das Einkommen).
Für die Krankenkasse gilt man als Privatier als freiwillig gesetzlich versichert und es werden alle Einkünfte zur Berechnung des Beitrags herangezogen (z. B. Kapitalerträge, Mieten, etc.). Das ändert sich ab dem Zeitpunkt, zu dem man eine gesetzliche Rente bezieht. Ab dann zahlt man die Krankenkassenbeiträge nur noch auf die gesetzliche Rente (gemeinsam mit dem Rententräger) und auf die Betriebsrente (allein). Kapitalerträge beispielsweise sind dann außen vor.
Hier zeigt sich dann auch ein Vorteil der Rente mit 63 – selbst wenn man die Abschläge in Kauf nimmt. Denn die Krankenkassenbeiträge sinken, einmal dadurch, dass einige Einkunftsarten nicht mehr berücksichtigt werden und einmal, weil die Rentenkasse einen Teil der Krankenkassenbeiträge übernimmt.
Als freiwillig gesetzlich Versicherter in der Krankenkasse hat man auch die Möglichkeit, die Beiträge für drei Jahre im Voraus zu bezahlen. Damit drückt man das zu versteuernde Einkommen im Jahr der Vorauszahlung. In den Jahren dazwischen könnte man die oben erwähnten Rentenabschläge ausgleichen. Außerdem entlastet man den eigenen Finanzplan zumindest in den Zeiten, für die diese Vorauszahlung geleistet wurde.
Nach drei Jahren erstellt die Krankenkasse eine Endabrechnung und man zahlt entweder etwas nach oder man bekommt etwas zurück. Sofern man etwas zurückbekommt, muss dies in der Steuererklärung angegeben werden und erhöht das zu versteuernde Einkommen.
Meine Krankenkasse wird mir keine Vorgabe machen zur Höhe der Vorauszahlung für drei Jahre, d.h. ich kann den Betrag selbst bestimmen und muss daher ein wenig rechnen, damit ich nicht zu viel vorauszahle, was dann zu einem potentiell ungünstigen Zeitpunkt erstattet wird. Für diese Knobelei habe ich noch ein wenig Zeit, denn die Vorauszahlung habe ich erst für das 1. Quartal 2024 eingeplant.
Privatier und Arbeitslosengeld?
Ob man sich als Privatier arbeitssuchend und auch arbeitslos meldet, muss man individuell entscheiden. Bestreitet man seinen Lebensunterhalt dauerhaft komplett selbst, muss man sich eigentlich gar nicht bei der Arbeitsagentur melden. Es ist meines Erachtens auch eine moralisch-ethische Frage: Will ich eine staatliche Versicherung in Anspruch nehmen, obwohl ich als Privatier meinen Lebensunterhalt selbst bestreiten kann? Darüber kann man trefflich diskutieren.
Die Arbeitslosenversicherung ist keine Umlageversicherung, d.h. man sichert über die Beiträge die eigene Arbeitslosigkeit ab (Arbeitslosengeld 1 wird für ein Jahr bezahlt), daher hat man aufgrund der Beschäftigungslosigkeit und Beitragszahlungen einen eindeutig definierten Anspruch (nachzulesen hier).
Andererseits nimmt man eine staatliche Leistung in Anspruch, die man als Privatier eigentlich nicht benötigt, man ist ja quasi freiwillig beschäftigungslos. Da man in der Lage ist, seinen Lebensunterhalt selbst zu decken, gibt es eigentlich keinen Grund, ALG1 zu beantragen.
Ich habe diese Frage für mich beantwortet und werde das Arbeitslosengeld nicht in Anspruch nehmen. Trotzdem werde ich es beantragen. Das klingt zunächst widersprüchlich, dient aber nur dazu, den legitimen Anspruch auf ALG1 feststellen zu lassen (der Bescheid ist vier Jahre lang gültig und dient lediglich als Notfall Backup). Das Arbeitslosengeld ist nicht Teil meines Finanzplans für die Privatierphase.
Das Beantragen funktioniert so: Man meldet sich spätestens drei Monate vor der Beschäftigungslosigkeit als arbeitssuchend und ein paar Tage danach hat man ein erstes Gespräch mit der Arbeitsagentur. Am 1. Tag der Arbeitslosigkeit meldet man sich arbeitslos und beantragt ALG1. Sobald man den Leistungsbescheid hat, meldet man sich wieder ab (gilt für Arbeitslos- und Arbeitssuchend-Meldung!).
Wenn man frühzeitig in die Privatierphase geht, geschieht dies häufig freiwillig, d.h. man verhält sich pflichtwidrig im Sinne der Arbeitslosenversicherung. Man bekommt dann eine Sperrzeit (12 Wochen), was quasi zu einer Kürzung der Leistung führt. Diese Sperre kann man vermeiden, wenn man zwischen dem 1. Tag der Beschäftigungslosigkeit und der Arbeitslos-Meldung (inkl. dem Antrag auf ALG1) genau ein Jahr verstreichen lässt (das sogenannte Dispojahr). Während des Dispojahres existiert man für die Arbeitsagentur nicht (d.h. keine Leistung wie ALG1 und Krankenkasse), hat aber auch keinerlei Pflichten. Es ist allerdings sinnvoll, das mit der Arbeitsagentur abzusprechen, z. B. im Erstgespräch nach der Arbeitssuchend-Meldung.
Beispiel:
- Juli 2023: Arbeitssuchend-Meldung und Erstgespräch
- Ab 1.12.2023: Beschäftigungslosigkeit – ab hier beginnt die Privatierphase
- 30.11.2024: Arbeitslos-Meldung und ALG1-Antrag (keinen Tag später, sonst ist der Anspruch auf ALG1 weg!)
- Dezember 2024: Leistungsbescheid abwarten, danach direkt Abmeldung bei der Arbeitsagentur (gilt sowohl für die Arbeitssuchend- als auch für die Arbeitslos-Meldung – beides muss abgemeldet werden)
Einkommenssteuer
Als Privatier zahlt man natürlich weiterhin Steuern auf sein Einkommen. Lebt man ausschließlich von Kapitalerträgen, so werden diese weiterhin mit der Abgeltungssteuer belegt (25% + 5,5% Solidaritätszuschlag). Hier sollte man als Privatier immer die Günstigerprüfung beantragen. Dabei wird geprüft, ob der persönliche Steuersatz oder die Abgeltungssteuer günstiger sind für den Steuerzahler.
Meine vereinfachte Schätzung besagt, dass man als Einzelperson jährliche Kapitalerträge von ~58,5k brutto benötigt, bevor man einen persönlichen Steuersatz von 25% erreicht (den Steuerfreibetrag auf Kapitalerträge habe ich bei der groben Schätzung nicht berücksichtigt). Daher dürfte man einen Teil der gezahlten Steuer (und den Solidaritätszuschlag) nachträglich über die Steuererklärung erstattet bekommen. Der Steuerbescheid ist dann ein guter Einkommensnachweis gegenüber der Krankenkasse.
Das zu versteuernde Einkommen lässt sich mindern über Vorsorgeaufwendungen, z. B.
- Monatlicher Mindestbeitrag an die Deutsche Rentenversicherung
- Ausgleichszahlungen an die Deutsche Rentenversicherung (Abschläge bei Rente mit 63 vermeiden) ab dem 50. Lebensjahr
- Vorauszahlung der Krankenkassenbeiträge für drei Jahre (freiwillig gesetzlich Versicherte)
Ich habe mich nur mit der aktuellen Rechtslage beschäftigt. Inwieweit sich hier Dinge verändern, hat mir meine Glaskugel leider nicht verraten. Man sollte aber einen flexiblen Finanzplan für die Privatierphase haben, um gesetzliche Anpassungen (z. B. Veränderungen bei der Rentenversicherung oder höhere Krankenkassenbeiträge) auffangen zu können.
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Ganz hervorragend beschrieben!
Die ganzen Stricke, die einem das Geflecht aus AA und KV um den Hals legen kann – puhhh.- aber hier habe ich es endlich auch verstanden!
Vielen lieben Dank dafür.
Kommt hier noch mehr demnächst?
Wirklich eine sehr schön auf das Wesentliche komprimierte und trotzdem (oder gerade dadurch) verständliche Übersicht der relevanten Aspekte. Vielen Dank dafür!
Super Connie ;-))
Danke dir. Sauber Matthias ;-))
LG Poldi
Danke für den Artikel sehr spannend, besonders der Teil mit der Krankenversicherung. Der Höchstsatz sollte derzeit bei um die 807 Euro liegen.
Gruß
Andy
Vielen lieben Dank für Eure netten Rückmeldungen!
@ Oeste, das weiss nicht. Erstens muss es ein interessantes Thema geben, über das ich was schreiben kann. Und zweitens ist das Matthias‘ Blog, ich bin ja als Gast hier
@ Andy, da kommt noch die Pflegeversicherung dazu (und ggf. Kindelosenzuschlag). Ich habe daher proforma glatt 1k im Finanzplan stehen, bis ich eine konkrete Zahl der KK habe.
Hallo,
sehr schön zusammengefasst.
Allerdings – die 12 Monate-Regel beim Dispo-Jahr ist (glaube ich) nicht mehr aktuell. Momentan steht es im Blog vom „Privatier“, dass es mind. 12 Monate (wg. Sperrfrist) sein muss und bis 18 Monate ab der Arbeitsbeendigung, gehen soll.
Hierbei ist maßgebend, dass bei der Antragstellung insgesamt 30 Monate als Rahmenzeit berücksichtigt werden. Um einen Anspruch auf ALG1 zu haben, muss innerhalb der o.g. 30 Monate, 12 Monaten in die Versicherung eingezahlt sein.
Gruss
ziola
Hallo Connie
Sehr spannend. Bald darf ich mich mit dem Thema auch beschäftigen, daher ist es hilfreich. Sollte mich (da Ü50) wohl auch mit dem Aufstocken der freiwilligen gesetzlichen Rente kümmern. Gleich mal dein Antragslink geklickt! UNd großen Respekt dafür das du auf ALG1 verzichten möchtest das nehme ich in meinem Umfeld ganz anders war da wird damit fest geplant….
Grüße
Thomas
Vielen Dank für diese Zusammenfassung, Connie.
Es ehrt Dich, auf das ALG1 zu verzichten! Aber wie Du schon schreibst: es ist eine staatliche Versicherung. Da war ich selbst völlig emotionslos und sehe das ALG1 als Versicherungsleistung. Diese wurde beantragt und bei mir als Ü50 für 15 Monate bewilligt. Aufgrund Corona habe ich übrigens niemals eine Agentur von innen gesehen. Erst nach gut über 13 Monaten begann die Agentur, sich etwas intensiver mit meinem Fall zu befassen…daraufhin habe ich beschlossen, mich dort abzumelden.
Was aber offensichtlich vielen hier etwas Kopfzerbrechen macht, sind die hohen KV Beiträge. Hier wäre es einmal interessant, sich mit Lösungsansätzen zu beschäftigen. Vieles zu diesem Thema ist leider nicht zu finden…nur mal so als Ideen eingestreut: 1) die Familie, ein Bekannter oder Freund etc. hat die Möglichkeit, jemanden zu beschäftigen. Ein Midi Job mit Bruttoentlohnung im mittleren dreistelligen Bereich, etwa 600 Euro monatlich, könnte hier Entlastung bringen. 2) eine kleine Privatstiftung, gegründet mit eigenem Vermögen, könnte einem selbst einen Midi Job anbieten.
Beides ist nicht tief ergründet, nur mal so Ideen…so eine Stiftungsgründung ist natürlich und leider ein gewisser Aufwand. Vielleicht kann jemand mehr Details oder gute Links dazu beitragen.
Ciao, Claudi.
@Connie
Stimmt die PV ist mir dann auch noch eingefallen, ja dann biste bei knapp 1000.
@ ziola, also beim Erstgespräch mit der Arbeitsagentur gab es keinerlei Flexibilität (ich hatte das beim Privatier auch gelesen). Ich habe aber einen 2. Termin vereinbart nächste Woche, um diese (und andere) Frage(n) zum Dispojahr zu klären. Ich kann danach gerne hier in den Kommentaren was dazu schreiben.
@ Thomas & Claudi ja ich kenne da auch andere. Aber es ist wichtig sich klar zu machen, was einem wichtig ist. Mir ist größtmögliche Unabhängigkeit und Flexibilität wichtig. ALG1 kommt mit Pflichten wie Bewerbungen schreiben, Urlaubsanmeldung, etc. und ggf. Kürzungen daher. Da könnte ich auch einfach weiter arbeiten. Und ich möchte sehr ungern vom Staat alimentiert werden. Über andere Modelle wie Midijob mache ich mir noch Gedanken, das hat noch ein wenig Zeit
Gibt hier einen Erfahrungsbericht von einem Ehepaar, dass das Dispojahr ohne vorherige Abstimmung mit der Arbeitsagentur gemacht hat und sich einfach erst nach einem Jahr gemeldet hat
https://der-privatier.com/gastbeitrag-erfahrungen-auf-dem-weg-zum-privatier/
Ging anscheinend ohne Probleme, braucht aber sicher Chuzpe
@ Jens rein rechtlich kann man das wohl so machen. Aber wenn man dann nach dem Dispojahr an einen Mitarbeiter gerät, der diese Regelungen nicht kennt und das erst aufwendig klären muss? Ich hatte diese Chuzpe jedenfalls nicht
„Meine vereinfachte Schätzung besagt, dass man als Einzelperson jährliche Kapitalerträge von ~58,5k brutto benötigt, bevor man einen persönlichen Steuersatz von 25% erreicht“
Etwas zu vereinfacht. Es zählt m.W. der sogenannte Grenzsteuersatz. Der Grenzsteuersatz gibt an, mit welchem Prozentsatz ein zusätzliches Einkommen besteuert wird. Er bezeichnet damit den Steuersatz, mit dem der jeweils nächste Euro der Steuerbemessungsgrundlage belastet wird.
Liegen man auch nur mit einem kleinen Teil seines Grenzsteuersatzes über 25 Prozent, bleibt es für Kapitalerträge bei der Abgeltungsteuer.
Damit müsstest Du bei ca. 20k landen.
Schöner Artikel. Leider stimmt es nicht, dass bei freiwillig versicherten Rentnern keine Kapitalerträge etc. zum Beitrag herangezogen werden.
„ Da bei freiwillig versicherten Rentnern für die Beitragsbemessung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen ist, sind neben der gesetzlichen Rente, Versorgungsbezügen und ausländischen Renten auch alle weiteren Einkünfte beitragspflichtig. Dazu zählen etwa Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung oder Kapitalvermögen. Für diese Einnahmen gilt ein Beitragssatz von 14,0 Prozent plus Zusatzbeitrag.“
Link: https://www.krankenkassen.de/gesetzliche-krankenkassen/krankenkasse-beitrag/rentner/ ( runterscrollen)
Martin
@ badbanker Diese Diskussion gab es vor einiger Zeit beim frugalisten.de Blog (https://frugalisten.de/steuern-kapitalertraege-privatier-optimieren/) – siehe Kommentare. Man zahlt doch nicht den Grenzsteuersatz auf jeden Euro Einkommen? Es gibt den Grundsteuerfreibetrag auf das zu versteuernde Einkommen sowie den Freibetrag auf Kapitalerträge. Man kreuzt in der Steuererklärung (Kapitalerträge angeben!!!) die Günstigerprüfung an und dann muss das Finanzamt prüfen, welcher Steuersatz günstiger ist. Man zahlt den niedrigeren Satz aus dem Vergleich Abgeltungssteuer und persönlicher Steuersatz. So wurde mir das auch in einer Beratung erklärt und lässt sich auch anhand der öffentlichen Grundsteuertabelle so nachvollziehen. Diese findet sich hier: https://einkommensteuertabellen.finanz-tools.de/grundtabelle/2023
14. Martin – absolut richtig. Als freiwillig versicherter Rentner zählen alle Einkünfte. ABER: Wenn Du eine Rente beantragst UND die Vorversicherungszeit erfüllst, dann bist Du ein pflichtversicherter Rentner und es zählt nur die Rente als Einkünfte (anders natürlich bei zusätzlichem Bezug einer Betriebsrente). Nachzulesen ist das hier unter „Wann bin krankenvesicherungspflichtig“ Punkte 1 & 2: https://www.deutsche-rentenversicherung.de/DRV/DE/Rente/In-der-Rente/Kranken-und-Pflegeversicherung-der-Rentner/kranken-und-pflegeversicherung-der-rentner.html
@Connie: Danke für den Hinweis, war mir so nicht bewusst
Vorsicht! Ob man in die „Krankenversicherung der Rentner“ aufgenommen wird oder als freiwillig versicherter Rentner gilt, darüber entscheidet, wo man in 90% der zweiten Hälfte der Erwerbstätigkeit versichert war. Das muss man bei der Krankenkasse beantragen, sonst wird man als zuletzt freiwillig versicherter garantiert auch als freiwillig versicherter Rentner dort geführt und zahlt sehr wohl Beiträge auf die Kapitalerträge, Mieten etc. Das wird als Ü50 Privatier ganz schnell eng, da 90% der zweiten Hälfte bedeutet, ich darf maximal 10% anderweitig versichert gewesen sein. Die zuständigen Stellen bei der Krankenkasse sind aus meiner Erfahrung hochgradig inkompetent, ich hatte das Vergnügen, bei meiner Mutter, Jahrgang 37, entsprechende Verhandlungen zu führen- zum Glück hatten wir bei der Haushaltsauflösung ein Versicherungsheft aus dem Jahr 1956 gefunden, die KK stellt sich auf den Standpunkt, sie hätten keine Unterlagen aus dieser Zeit (war übrigens die Barmer….). Betrifft übrigens laut FAZ ca. 40000 Rentner in D, die falsch hohe Beiträge bezahlen, bei meiner Mutter ein Unterschied von 300 Euro/Monat….Von der KK kam nie eine Info oder Nachfrage diesbezüglich….
Eins ist mir noch unklar. Wenn du den Leistungsbescheid bekommst für das ALG I, da steht doch sicher auch die Sperrzeit drin, oder sehe ich das falsch?
Ansonsten ist das Ganze sehr sehr spannend für mich, da ich mich selbst beschäftige, wie ich es mal anstellen werde.
@Medicus: Die Prüfung der KVdR besteht aus der Prüfung bei welcher Kassenart man versichert war…. gesetzlich oder privat (Ausland zählt in den meisten Fällen als privat bis auf wenige Ausnahmen)
Von daher wird, wenn du dich bei deiner gesetzlichen freiwillig weiterversicherst, diese Zeit angerechnet und du rutschst automatisch in der KVdR, da du die Vorversicherungszeit erfüllst.
Also bitte nicht gesetzlich freiwillig mit PKV verwechseln. 🙂
@ Medicus – was Du beschreibst mit den 90% meint die Bedingung der Vorversicherungszeit. In meinem Fall wird das so gehandhabt werden (ich habe bei der Krankenkasse danach gefragt und Stephan hat es in #19 gut beschrieben), solange die Rechtslage sich nicht ändert. Meine Erklärungen beziehen sich rein auf mein persönliches Beispiel und ich war immer gesetzlich versichert (anfangs pflichtversichert und später freiwillig).
@ Stephan – diese Frage habe ich auch noch. Soweit ich das bisher in Erfahrung bringen konnte, entfällt die Sperre, wenn man das Dispojahr macht. Da ich das gerne genauer (und verbindlich) wissen will, habe ich hierzu noch einen Termin mit der Arbeitsagentur und kann dann gerne hier eine Rückmeldung geben.
Das mit der freiwilligen KKV (gesetzlich) ist je echt übel. Irgendwie scheint da wirlich ein Midi Job eine gute Lösung zu sein.
Wer gründet ein Unternehmen und stellt „bedürftige“ an?
Wirft einen irgendwie direkt wieder zurück auf dem Weg nichts mehr zu arbeiten. Aber ein paar Stunden wäre ja auch OK!
@ Arndt – ich werde erstmal schauen, dass ich das zu versteuernde Einkommen senke, z. B. über Vorsorgeaufwendungen (wie oben im Artikel beschrieben), um Richtung Mindestbeitrag bei der Krankenkasse zu kommen. Ob ich dann noch auf Mini-/Midi-Job o.ä. zurückgreife, weiß ich noch nicht, denn mein Plan ist in der Tag, vorerst gar nicht zu arbeiten.
Für die Personen, die schon älter sind und mit einer Abfindung entlassen werden kann ich auch das im Jahr 2020 neu aktualisierte Buch des Peter Ranning „Mit Abfindung in den Ruhestand“ empfehlen. Hier ist die Übersicht doch deutlich besser als wenn man sich das aus dem Blog zusammenlesen muss. Bin so vorgegangen wie beschrieben und es hat gut funktioniert. Habe das Dispojahr jedoch als Sabbatjahr bei der Agentur für Arbeit angegeben, da diese mit dem Begriff Dispojahr nichts anfangen können.
Bezüglich Dispojahr habe ich nochmal mit der Arbeitsagentur gesprochen. Es ist so wie oben von ziola beschrieben – man muss 12 von 30 Monaten in die Versicherung eingezahlt haben, insofern gibt es diese zeitliche Flexibilität (seit 2020). Die Sperrzeit wird im Leistungsbescheid ALG1 nicht auftauchen, sofern man 12 Monate plus 1 Tag verstreichen lässt, bevor man das ALG1 beantragt.
Zwei wichtige Erkenntnisse:
1. Nachfragen lohnt sich – die erste Dame, mit der ich vor einiger Zeit gesprochen hatte, hat das Dispojahr exakt auf den Tag genau ausgelegt. Entweder aus Unkenntnis der Regelung oder wegen unterschiedlicher Interpretation. Die Dame jetzt hat die neuere flexiblere Vorgehensweise beschrieben.
2. Man muss fragen – die Arbeitsagentur berät nur auf konkrete Fragen. Meine Empfehlung ist daher, sich alle Fragen vorab selbst zu beantworten und dann die Fragen an die Arbeitsagentur zu stellen. So kann man die Antworten mit den eigenen Antworten abgleichen und ggf. nachfragen.
@ Ruhestand-voraus Einen Aufhebungsvertrag mit Abfindung hatte ich ausgelassen, weil die Themen im Artikel auch allgemein von Interesse sind. Ich gehe auch mit einem Aufhebungsvertrag in die Privatierphase und habe das Buch vom Privatier genutzt. Ich kann das auch sehr empfehlen für alle, die ebenfalls per Abfindung in den Ruhestand gehen wollen – das war sehr gut investiertes Geld (obwohl ich vorab schon den Blog quasi „leergelesen“ hatte ). Toll, dass es bei Dir super geklappt hat, ich bin mittendrin in dem Prozess und guter Dinge, dass ich das Ganze auch gut über die Bühne bekomme.
Als schon langjähriger freiwillig Versicherter in der GKV kann ich Euch sagen, das ist seit geraumer Zeit auch psychologisch kein Spaß. Den Brief mit der Beitragserhöhung jedes Jahr zu öffnen, bedarf viel „Kraft“. Nur in diesem Jahr waren es nach Steigerung ab 01.01.23 von 915 Euro auf 942 Euro, jetzt im August 972 Euro durch den Pflegeversicherungsanstieg. Das dürfte dann im Januar die 1000 Euro im Monat überschreiten. Bei allem Verständnis für das Gesundheitswesen und der Solidargemeinschaft ist für mich bei diesem Betrag und 20% Anteil an allen Einkünften nur für die GKV nun ein Limit überschritten worden. 18000 Euro Dividenden (und um die zu erreichen hat man so lange so hart gearbeitet) brutto gehen allein für die GKV weg. Neben den oben besprochenen Lösungen gibt es noch die Möglichkeit, einen längeren Auslandsaufenthalt im Nicht-EU Land zu machen und die KV ruhen zu lassen (Anwartschaft ist der Fachbegriff). Das geht für einen Betrag von unter 100 Euro monatlich, somit kommt man bei Wiederankunft automatisch wieder in die GKV und die Zeit wird für die 90/100 Regel angerechnet. Falls jemand da noch einen Erfahrungsbericht hat, das wäre interessant. Bei der KV weiß man da manchmal auch nicht sofort Bescheid. Selbst kenne ich jemanden, der seit einem Jahrzehnt hier 6 Monate arbeitet und 6 Monate in Brasilien lebt und die AOK macht dies anstandslos nach Einreichung der Flugunterlagen. Eigentlich sehe ich mich inzwischen gezwungen, diese Variante zu nehmen, die mir wohl leichter fällt, da ich eine Immobilie im Ausland habe oder einen ca. 600 Euro-Job anzunehmen, wenn ich nur wüsste was und wo. Ich sehe das Problem auch später für die Entnahmephase. Verkauft man eine Aktie z.B. nach 30-jährigen Halten hat man vielleicht gerade die Inflation ausgeglichen, die GKV sowie die Einkommensteuer natürlich auch sieht dies als Einkünfte und schnell ist man an der Beitragsbemessungsgrenze angelangt. Ich wäre ohnehin dafür, bei Kapitalerträgen die Inflation zu berücksichtigen (gab ja auch mal einen Grund, warum Aktien nach 1 Jahr Haltedauer bis 2009 steuerfrei waren…), aber ich scheine da alleine auf weiter Flur zu sein. So werden auch in Zukunft auf negative Realrenditen weiter Steuern und ordentlich GKV-Beiträge verlangt.
Danke für diesen interessanten Beitrag.
Eine Frage habe ich noch zu den Sozialabgaben (insbesondere Krankenkassenbeiträge) auf Kapitalerträge in der Privatierphase, wenn z.B. Kapitalerträge die einzigen Einkünfte bilden: Ich ging davon aus, dass immer auf die gesamten Kapitalerträge die Sozialabgaben bezahlt werden müssen. Im Beitrag wird aber gesagt, dass nur auf das zu versteuernde Einkommen (entsprechend dem Steuerbescheid) Beiträge zu leisten sind. Stimmt das wirklich? Dann wären die Beiträge niedriger.
Gruß,
Thomas
@ Nobby – Glückwunsch – Du scheinst ja signifikante Dividendenerträge zu haben! Das bestätigt mich, meine Dividendenerträge nicht ewig wachsen zu lassen, sondern einen Teil meines künftigen Lebensunterhaltes aus schnöden Rücklagen zu bestreiten. Ggf. werde ich auch einen (kleinen) Kapitalverzehr in Betracht ziehen während der Privatierphase. Mein Depot darf während der Privatierphase gerne etwas kleiner werden, ab 63 (staatliche Rente) und ab 65 (Betriebsrente + Einmalzahlung Privatrente) kommt ja wieder was rein. Kompletten Kapitalverzehr hab ich nicht eingeplant bis zur Rente, sondern ich möchte auch dann einen schönen Dividenden-Zuschuss genießen können, zumal man ja heute auch noch nicht weiss, wie sich die gesetzlichen Regelungen zu diesen Themen verändern.
Ich rate jedem, eine langfristige Analyse aller Zahlungen (zu erwartende Einkünfte, geplante Ausgaben) zu machen, um sich die Implikationen verschiedener Entscheidungen vor Augen zu führen. Ich kann bei Interesse mal was dazu schreiben, oder man schaut einfach mal im Blog beim Privatier, an dessen Tabelle zur langfristigen Finanzplanung ich mich orientiert habe.
Im Ausland leben muss man wollen. Ich habe auch einen Bekannten, der als Schweizer komplett nach Brasilien übergesiedelt ist. Es ist nicht alles Gold, was aus der Ferne glänzt. Deutschland hat ja einiges zu bieten – und natürlich einiges zu verbessern.
Insgesamt darf man bei diesen ganzen Überlegungen auch nicht vergessen, dass das Leben aus mehr besteht als solchen Planungen. Die Regeln und Gesetze sind wie sie sind – und ich habe kaum Einfluss darauf. Ich kann nur beeinflussen, wie ich damit umgehe. Ein paar Möglichkeiten stehen oben im Blogeintrag, ein paar Ergänzungen in den Beiträgen der netten Kommentatoren hier.
@ Thomas – man hat immer einen Grundsteuerfreibetrag, derzeit 10.908 Euro (findet sich hier: https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Standardartikel/Themen/Steuern/das-aendert-sich-2023.html). Das heisst, dass das Existenzminimum immer steuerfrei ist. Und wenn Kapitalerträge das einzige Einkommen sind, dann gilt trotzdem dieser Freibetrag. Weiterhin kann man die oben angesprochene Günstigerprüfung bei der Steuererklärung anklicken/ankreuzen, d.h. das Finanzamt prüft, ob der persönliche Steuersatz oder die Abgeltungssteuer günstiger sind. Man kann das einfach selbst nachprüfen, indem man im Elsterportal (oder jeder anderen Steuersoftware) mal eine Probeabrechnung eingibt.
Bei der Krankenkasse zahlt man anfangs als Privatier üblicherweise den Höchstsatz. Sobald man aber ein niedrigeres zu versteuerndes Einkommen hat (welches man ja der Krankenkasse jedes Jahr nachweisen muss), wird der angepasst (die mir bekannte Ausnahme: im Abfindungsjahr zahlt man für alle Monate den Höchstsatz). Diese Auskunft habe ich von meiner Krankenkasse so bekommen.
@Thomas – zum Thema Krankenkassenbeiträge. Üblicherweise ist jeweils der aktuelle Steuerbescheid der Krankenkasse einzureichen. Alternativ – wenn z. B. nur Dividenden als Einkommen vorhanden sind – Nachweise über diese. Zum Abzug gebracht werden kann folgendes:
– der Freibetrag in Höhe von 801 Euro im Jahr (das wird jetzt irgendwann auf 1000 Euro pro Jahr erhöht), aber das berücksichtigt die Krankenkasse normalerweise.
– des weiteren lässt die Krankenkasse im Gegensatz zum Finanzamt zu, bestehende Werbungskosten auf Kapitalerträge nachzuweisen. Diese werden dann vom Ertrag ebenfalls abgezogen. Ich bin hergegangen und habe nur jeden erdenklichen Fetzen von jeder Bank, die in irgendeiner Weise Kosten ausweisen, gesammelt, die Beträge addiert, die Fetzen gescannt und an die Kasse gemailt. Das ging problemlos durch.
@ Thomas nochmal – und hier nochmal ganz konkret: die Krankenkasse zieht keinen Grundfreibetrag ab! Es gibt einen Mindestbetrag, der ist immer zu leisten. Der errechnet sich aus einem fiktiven Einkommen im Bereich von 1130 Euro und beträgt etwa 210 Euro inkl. Pflege.
Guckst Du da:
https://www.tk.de/techniker/leistungen-und-mitgliedschaft/informationen-versicherte/veraenderung-berufliche-situation/versichert-als-selbststaendige/beitragssaetze-und-beitraege/hoehe-mindest-und-hoechstbeitraege-fuer-selbststaendige-2007380
Alles, was über die 1130 Euro hinausgeht, wird zusätzlich verbeitragt. Ganz grob: die Krankenkasse nimmt dazu im Wesentlichen Einkünfte aus V+V, Dividenden und Zinsen her, addiert diese, teilt diese durch 12 und berechnet darauf den Beitrag.
@Claudi Omin – Danke für die Infos. Ich ging – wie gesagt – bisher davon aus, dass exakt die Bruttokapitalerträge (entsprechend dem Steuerbescheid) verbebeitragt werden und dass es da dann keine Abzüge gibt. Das würde dann auch für den Freibetrag (801 Euro bzw. 1000 Euro) gelten. Der Freibetrag ist ja eine rein steuerliche Größe, welche bei der Steuer berücksichtigt wird. Gleiches würde dann auch für die Teilfreistellungen bei ETF gelten, ebenso wie diverse Vorsorgeleistungen. Vielleicht wird das auch bei den verschiedenen Krankenkassen unterschiedlich behandelt. Werde mich in jedem Falle dann bei meiner Krankenkasse in Verbindung setzen müssen, wenn die Privatier-Phase beginnt 🙂
@ Claudi Omin vielen Dank für Deine Ergänzungen!
@ Thomas Ich empfehle, vor Beginn der Privatierphase mit der Krankenkasse zu sprechen und solche Punkte vorab zu klären. Gleiches gilt auch für die Rentenversicherung und die Arbeitsagentur.
Wenn man NUR NOCH Kapitalerträge hat, dann kann man sich über die Steuererklärung/ Günstigerprüfung die zuviel gezahlte Abgeltungssteuer wiederholen, denn man hat diesen Grundfreibetrag von ca. 10k (und zusätzlich den Freibetrag auf Kapitalerträge von 1k). Ebenso kann man Vorsorgeaufwendungen bei der Steuererklärung gegenrechnen und das zu versteuernde Einkommen sinkt. Meine KK hat mir gesagt, dass ich den Steuerbescheid als Nachweis für das zu versteuernde Einkommen einreichen soll, dann würde der Kassenbeitrag entsprechend neu berechnet (als Privatier muss man ja eh einmal pro Jahr eine Selbstauskunft zu den Einnahmen machen). Unter den Mindestbeitrag kann man natürlich nicht kommen.
„Bei der Krankenkasse zahlt man anfangs als Privatier üblicherweise den Höchstsatz.“
Das gilt meines Wissens nach nur, wenn man auch schon als Arbeitnehmer freiwillig gesetzlich versichert war. Wenn man weniger verdient hat und pflichtversichert war kann die Krankenkasse auch erst mal nur den Mindestsatz (etwa 200 Euro) ansetzen. Genau das war bei einer Freundin von mir letztes Jahr der Fall, ist also bestätigt. Mit entsprechender Vorausplanung könnte man also auch im letzten Jahr vor dem Ausstieg auf Teilzeit gehen und somit in die Pflichtversicherung rutschen.
@ Andi danke für diese Ergänzung, das könnte für einige, die langfristig planen, eine gute Möglichkeit sein. Bei mir funktioniert sie leider nicht.
@Connie #28 – die Günstigerprüfung ist in der Tat nicht zu unterschätzen! Diese führt bei mir dazu, dass regelmässig ein ordentlicher Batzen der vorausbezahlten Kapitalertragsteuern erstattet werden. Zusätzliches Schmankerl: der Soli fällt aufgrund der niedrigen Beträge in Verbindung mit der Günstigerprüfung so gut wie immer weg und kommt auch zurück. Ein schönes Steuerrechnungs-Spielzeug gibt´s vom BMF und befindet sich hier:
https://www.bmf-steuerrechner.de/ekst/eingabeformekst.xhtml
Deutlich erkennbar: das Einkommen muss recht ordentlich sein, bis die 25% Durchschnittsbelastung erreicht werden! Und so lange gibt´s was zurück bei der Günstigerprüfung.
@ Thomas #31 – da die Krankenkasse im Regelfall die Einkünfte aus dem Einkommensteuerbescheid heranzieht, sind dort Freibeträge und Teilfreistellungen automatisch bereits ermittelt und berücksichtigt. Wie ich schon schrieb: es gibt noch die Möglichkeit, jede noch so winzige Ausgabe, die mit Kapitalerträgen in Verbindung stehen, zusätzlich der Kasse mitzuteilen. Die Summe muss natürlich oberhalb des Freibetrags sein.
@ Andi #33 – was bei mir gut funktioniert hat, war einfach mit der Krankenkasse zu sprechen, die Situation darlegen und eine voraussichtliche Zusammenfassung der zu erwartenden Einkünfte zu übermitteln. Daraus wird ein vorläufiger Beitrag ermittelt, der zu entrichten ist. Der Beitrag wird sowie immer erst nach Vorliegen des Steuerbescheids endgültig festgeschrieben. Je nachdem, ob die dort festgelegte Summe höher oder niedriger ist als die voraussichtliche Zusammenfassung, ergibt sich eine Erstattung oder eine Nachzahlung.
Und hier noch ein paar Jongliertips für die Steuer:
– Wohnungseigentum? Jede Handwerkerrechnung und auch die Abrechnung der Hausverwaltung enthält Dienstleistungskosten. Davon kommen 20% an Steuererleichterung zurück!
– Krankheitskosten. Zahnarzt? Osteopathie? Sonstige Zuzahlungen? Medikamente? Fahrtkosten zum Arzt, Behandlung, Apotheke etc? Macht Euch ein Excel zu Jahresbeginn, schreibt alles rein. Fahrtkosten: jeder km sind 0,3€. Summiert über das Jahr und gebt das in die Steuererklärung (aussergewöhnliche Belastungen).
– Krankenkassenbeiträge. Erwartet ihr für´s laufende Jahr eine hohe Steuerbelastung? Die Krankenkasse erlaubt Vorauszahlung von Beiträgen bis zu 3 Jahren, die im Jahr der Zahlung in voller Höhe die Steuer drücken.
Aus eigener Erfahrung kann ich sagen: Die Berechnungen der GKV-Beiträge beziehen sich auf die Einnahmen (z.B. Kapitalerträge) und nicht auf das zu versteuernde Einkommen! Bei Einnahmen aus Kapitalvermögen zieht die GKV einen Betrag von 51 Euro als Werbungskosten ab. (siehe „Einheitliche Grundsätze zur Beitragsbemessung freiwilliger Mitglieder“ GKV Spitzenverband)
Kleine Ergänzung: Als Privatier musste ich anfangs bei der Krankenkasse (AOK) nur den Mindestsatz zahlen – bis zum ersten Steuerbescheid 🙁
@ Claudi Omin – vielen lieben Dank für Deine ausführlichen Ergänzungen!
@ Astrid – danke für Deine Rückmeldung. #37 Meine Krankenkasse hat mir das anders erklärt. Ich bin gespannt, wie sich das in der Realität dann entwickelt bei mir. #38 Bei mir wird das anders herum laufen: erst Höchstsatz wegen Aufhebungsvertrag mit Abfindung und dann niedrigerer Beitrag wegen niedrigerem Einkommen.
Vielen Dank für den interessanten Artikel und die Diskussion in den Kommentaren! Dass Rente mit 63 auch bei längerer Privatierphase recht einfach machbar ist, war für mich eine positiv überraschende Erkenntnis.
Die Feinheiten der „freiwilligen Krankenversicherung“ hängen meines Wissens von der Satzung der jeweiligen Krankenkasse ab, wobei vieles vermutlich vom Spitzenverband übernommen wird.
Weiß jemand, ob die Vorabpauschale bei ETFs/Fonds für die Beiträge relevant ist – generell oder bei der jeweiligen Krankenkasse? (Darf man die Frage auf einem Dividendenblog überhaupt stellen? ) Ist an sich ja keine Einnahme. Bisher war das ziemlich egal, aber ab 2024 kann das ein erheblicher Posten werden.
Zu #38: ist auch meine Erfahrung, dass 51€ bzw. tatsächliche Werbungskosten angesetzt werden, nicht die 1000€ (ehemals 801€).
@Astrid, Blubber #37 #40 – korrekt. Ich habe in meinem Vorgang gekramt und es stimmt: die Krankenkasse erlaubt tatsächlich nur einen WK Abzug von 51€. Daher war es auch ein leichtes, mit meinen nachgewiesenen Werbungskosten dort deutlich drüber zu kommen.
@Blubber #40 – die Vorabpauschale ist insofern relevant, als dass diese in der jährlichen Steuermitteilung(en) der Bank(en) enthalten ist und somit verbeitragt werden.
@Claudi #41, ja, das dürfte es praktisch wohl sein, einfach der Wert gemäß Jahressteuerbescheinigung bzw. Steuerbescheid, also inklusive Vorabpauschale und Teilfreistellung (minus WK).
Ein sehr spannender und informativer Bericht über ein wenig besprochenes Thema, vielen Dank dafür! Es wäre sehr interessant zu erfahren, wie es auf Deinem Weg zum Privatier weitergeht … ich hoffe, eine Fortsetzung ist geplant. Tja, die Arbeitslosenversicherung. Ich persönlich betrachte sie eher pragmatisch: Es ist eine Pflichtversicherung, in die man mehrere Jahrzehnte lang eingezahlt hat. Genau wie die Krankenversicherung. Nur weil man sich z. B. einen Arztbesuch oder ein teures Medikament auch so leisten könnte, legt man ja als gesetzlich Krankenversicherter in der Regel trotzdem die Krankenkassenkarte vor. Diese Sichtweise hilft möglicherweise bei etwaigen Skrupeln…
Ich habe ein kleines Update bezüglich der Krankenversicherung, denn der Bescheid für Dezember 2023 (mein 1. Privatier-Monat) ist da.
Eingereicht hatte ich – zusammen mit dem Einkommensfragenbogen – die neuesten Bankbescheinigungen (Kapitalerträge 2022) und meinen Aufhebungsvertrag. Die Krankenkasse hat die Kapitalerträge brutto bei der Berechnung berücksichtigt,
die im Aufhebungsvertrag vereinbarte Abfindung allerdings nicht, denn diese bekomme ich erst im Januar 2024.
Meine Kapitalerträge brutto liegen derzeit unter der Einkommensgrenze, d.h. die Berechnung des Krankenkassenbeitrags ergibt den Mindestbeitrag von 222,94 Euro (davon 177,67 Euro für die Krankenversicherung und 45,27 Euro für die Pflegeversicherung). Die knapp 223 Euro muss ich komplett selbst tragen, da es ja ab Dezember keinen Arbeitgeber mehr gibt.
Bei der Finanzplanung für die Privatierphase bin ich für das Abfindungsjahr vom Höchstsatz (ca. 1.000 Euro wie oben diskutiert) ausgegangen. Die Abfindung dürfte in meinem Fall keinen Einfluss auf den Krankenkassenbeitrag haben, da ich bei der Unterschrift unter den Aufhebungsvertrag darauf geachtet habe, dass die ordentliche Kündigungsfrist eingehalten wird. Bevor ich mich aber richtig über die monatliche (!) Ersparnis von 777 Euro (im Vergleich zum Finanzplan) freuen kann, werde ich nächstes Jahr schauen, ob ich einen neuen Bescheid bekomme und ob dieser dann die Abfindung berücksichtigt. Hiergegen würde ich Einspruch/Widerspruch einlegen (die Rechtslage scheint hier klar zu sein – Achtung ich bin juristischer Laie und kann mit dieser Aussage falsch liegen!).
[…] Dieser Artikel stammt von Connie.Sie twittert unter finanzielle Gelassenheit auf Twitter und ihr könnt natürlich gerne Fragen stellen.Hier geht es zum ersten Teil zum Thema Vorbereitungen für die Privatier-Phase […]
Moin Connie,
vielen Dank fuer das Mitteilen.
zu ALG_1 nehmen oder nicht?:
hast du schon mal ueberlegt, ob du vielleicht einen Grossteil des ALG_1 an anerkannte kulturelle/mildtaetige/religioese Organisationen Spenden willst? Du minderst damit die Steuern auf deine Sowieso-Einkuenfte, so dass es eine Win-Win-Situation ergibt:
– Gutes Tun
– Steuerersparnis auf die Sowieso-Einkuenfte
– dadurch gleich viel Netto fuer Konsum als Privatier
– falls ihr verheiratet seid und gemeinsam Steuererklaerung macht, ggfs noch mehr Hebel (je hoeher das zu verst. Einkommen, je hoeher die Steuerersparnis durch Spenden)
Also ich wuerde es so machen …
LG Joerg
Hallo Jörg, ich habe das in der Tat überlegt (und kann noch bis nächstes Jahr weiter überlegen wegen Dispojahr). Stand jetzt werde ich das nicht so machen. Ich spende sowieso (10% der Dividendenerträge und auch regelmäßig aus dem Gehalt). Ich scheue den Aufwand, den die Arbeitsagentur mir bereiten würde, denn dort besteht großes Interesse daran, mich in den Arbeitsmarkt zu vermitteln. Daran habe ich erstmal gar kein Interesse. Wenn ich nicht mitwirke, steigt der Druck und das ALG1 kann gekürzt werden. Da spare ich mir lieber den ganzen Aufwand und verzichte gleich darauf. Denn das wichtigste Ziel für die erste Phase meines Privatierdaseins ist es, Stress und Druck zu verbannen
Abgesehen davon hat es eben auch diese moralische Komponente, die ich im Artikel angesprochen habe.
Danke @Connie,
ja, kann ich verstehen. Hatte noch keinen Kontakt mit Arbeitsagentur …
Alles Gute, Dir
LG Joerg
@Connie:
Es ist generell eine Überlegung, ob man Rentenpunkte kauft. Das ist bei Licht besehen noch nicht einmal so schlecht. Muß man sich durchrechnen. Allerdings: Nur wenige Leute dürfen das überhaupt. Wenn einer rentenversicherungspflichtig ist (das sind quasi alle Angestellten), geht das nur im Ausnahmefall. Ein solcher Ausnahmefall ist, wenn einer plant, vorzeitig die Altersrente zu beantragen („Rente mit 63“). Dann darf er ab 50 Jahren Rentenpunkte zum Ausgleich kaufen. Dabei bleibt er frei in seiner Entscheidung, ob er dann mit 63 tatsächlich die Rente beantragt. Du bist nun Privatière und kannst somit freiwillig Rentenbeiträge leisten, was Du sinnvollerweise tun solltest, um die 35 Jahre voll zu bekommen. Du bist darüberhinaus frei, in weiten Grenzen freiwillige Beiträge zu leisten (also Entgeltpunkte zu kaufen, bis zu 2 im Jahr, Steuer beachten).
Regelmäßig wird in FIRE-Kreisen das Hohelied der KVdR gesungen. Man müsse als im Rentenalter Pflichtversicherter nämlich auf seine Kapitalerträge keine Beiträge zahlen. Das ist die aktuell gültige Rechtslage. Ob die in 15 Jahre, wenn Du dran bist, immer noch gilt, ist die Frage. Ich könnte mir gut vorstellen, daß die dauernd klamme gesetzliche Krankenversicherung nur zu gern auf die Kapitaleinkünfte auch der pflichtversicherten Rentner zugreifen möchte.
@Badbanker:
Der Spruch mit dem Grenzsteuersatz kommt oft, stimmt aber nicht. Die übliche Sichtweise geht von einem Menschen aus, bei dem der Grundfreibetrag und die Gebiete mit niedrigem Steuersatz mit Arbeitseinkommen belegt sind. Bei dem lohnt sich die Günstigerprüfung ab 21 T€ (ledig) Arbeitseinkommen nicht mehr. Vereinfacht aber kann man sagen: Für je 1000 € Arbeitseinkommen weniger kann man 2000 € Kapitalerträge mehr haben, und die Günstigerprüfung lohnt sich immer noch. Wer überhaupt kein Arbeitseinkommen hat, stellt sich mit bis zu etwa 65 T€ Kapitaleinkünften mit der Normalversteuerung günstiger als mit der Abgeltungssteuer. Das hat Connie ganz richtig dargestellt.
@Claudi Omin:
Nein, auch mit dem Durchschnittssteuersatz hat die Günstigerprüfung nichts zu tun. Schon längst bevor ein Durchschnittsteuersatz von 25% erreicht ist, rechnet sich die Günstigerprüfung nicht mehr. Der entscheidende Punkt ist, wieviel „normales“ Einkommen versteuert werden muß. Wenn das bei einem Ledigen mehr als aktuell 21 T€ (Steuertafel 2023) sind, ist für Kapitalerträge die Abgeltungssteuer günstiger. Mit 21 T€ zvE beträgt der Durchschnittssteuersatz 10,5%, ist also noch weit von 25% entfernt.
Hallo Achim, danke für Deine ausführliche Rückmeldung. Die freiwilligen Beiträge (Mindestbeitrag) laufen ab diesen Monat, um die 35 Jahre voll zu machen 🙂 Ich überlege in der Tat, ob ich – ab 50 – die Abschläge ausgleiche. Da man das über Jahre strecken kann, ist das steuerlich interessant. Da hab ich noch etwas Zeit, das zu überlegen. Auch Deiner Anmerkung zu potentiellen Änderungen bei der GKV bzw. KVdR stimme ich zu. Mein Plan basiert auf aktueller Rechtslage und ich habe einiges an Puffern eingebaut, sodass ich potentielle Anpassungen der Gesetzeslage abfedern kann.
Hallo,
Danke an Matthias für den coolen Blog hier, auf den ich erst viel zu spät gestoßen bin und größten Respekt, was du erreicht hast!
Danke auch an Connie für die sehr interessanten Gastbeiträge und auch den regen Austausch in den Kommentaren! Vielleicht können ja in der Zukunft noch weitere Gastbeiträge folgen.
Ich schau jetzt öfter hier vorbei!
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