ich habe ja versprochen das ich was über meine Motivation schreibe. Also meinen Antrieb die finanzielle Freiheit zu erreichen und meinen Antrieb neue Dinge zu lernen. Die Idee der finanziellen Freiheit (auch wenn ich es damals nicht so genannt habe) hatte ich im Jahr 2004. In der Firma in der ich damals gearbeitet hatte gab es eine Entlassungsrunde. Die Firma gehört zu einem US Konzern (Pentair) und die Bosse hatten ausgegeben, daß man gefälligst 10% der Belegschaft abzubauen hatte. Vorher hatten wir einige Monate Kurzarbeit.
Vielleicht könnt ihr euch vorstellen wie dann die Stimmung in der Firma ist? Massive Unsicherheit und Angst den Job zu verlieren waren für die nächsten Wochen an der Tagesordnung. Gerüchte machten die Runde wen es denn treffen wird. Ich bin ein sensibler Mensch (behaupte ich jetzt einfach) und kann oft schwer die Richtung meiner Gedanken steuern. Folge war, daß ich wochenlang Angst hatte, daß es mich auch erwischen wird.
Diese Angst hat mich langsam verändert.
Ich kann mich nicht erinnern, daß ich bis zum Ende meiner Ausbildung vor irgendwas Angst hatte (Vielleicht keine Freundin abzubekommen). Ab dann, als ich mehr oder weniger auf eigenen Füßen stehen musste, hat sich die Angst eingeschlichen. Pure und nackte Existenzangst. Also Angst keinen Job zu finden, Angst nicht genug Geld zu verdienen, Angst auf der Straße zu landen, Angst nicht gut genug zu sein, Angst Fehler zu machen.
Klar .. solche Ängste haben die meisten Menschen irgendwann in ihrem Leben. Es gibt sicher Situationen wo diese Angst vollkommen angebracht ist. Wenn man sich dann umorientiert hat .. verschwindet die Angst auch wieder.
Bei mir ist sie geblieben.
Die Angst hat sich eingenistet wie ein Parasit. In den ersten Jahren habe ich diesen „Fehler“ in meinen Denkmustern noch nicht wirklich realisiert. Auch war die Angst am Anfang eine seichte Brandung und wurde erst später zum Sturm. Sie ist auch nicht immer gleich, wie das Wetter verändert sie sich.
Die Folge war, daß ich mein Leben und Handeln sukzessive an die Angst angepasst habe. Wenn man dauernd vor etwas Angst hat, versucht man es zu vermeiden und sich dieser Situation nicht mehr auszusetzen (ist falsch das zu machen).
Ein Trigger für diese Angst konnte zum Beispiel schon eine News sein, daß wieder in einer Firma Leute entlassen werden. Oder daß die Konjunkturzahlen schlecht sind. Wenn mein Chef wen aus der Geschäftsführung im Büro hatte, und er die Tür geschlossen hat, hatte ich Angst. Vor Betriebsversammlungen hatte ich Angst, wenn Umstrukturierungen anstanden .. you name it. Die Angst war dabei grundsätzlich auf meinen Job und damit meine Finanzen bezogen.
Ich hatte (habe) also Existenzängste.
Nun .. ich muss mich meiner Existenz aussetzen, solange ich die Kraft dazu habe. Meine Existenz, mein normales Leben ist mehr oder weniger an nichts gekoppelt. Per se bin ich frei zu tun und zu lassen was ich will. Wenn da die Kohle nicht wäre. Da ich nun einmal Geld zum Leben brauche muss ich das beschaffen. Das nennt sich Arbeit. Ohne Arbeit hat man kein Geld und kann kein normales Leben führen (soweit mein Denkmuster). Wenn du dann noch glaubst, daß du nicht gut genug bist und im Falle einer Entlassung keinen Job mehr finden wirst (was sicher extrem unrealistisch ist) hast du ein Problem.
Wenn sich dieses Angstgefühl über Jahre manifestiert, wächst und dein Leben, deine Emotionen beeinflusst, du nicht mehr richtig schlafen kannst, Herzrasen hast, Atemnot, du nicht mehr runterkommst und permanent so angespannt und angstvoll bist als ob du jeden Moment explodieren wirst spricht man von einer generalisierten Angststörung (hab ich schriftlich).
Ich möchte euch jetzt nicht mit meinem Psychokram langweilen .. nur noch soviel:
Bis ich eine korrekte Diagnose hatte sind mehr als 10 Jahre vergangen. Dazwischen wurde einmal quer durch diverse psychologische Krankheiten alles diagnostiziert. Angefangen von bipolarer Störung über ADHS, Dysthymie bishin zur klassischen Depression. Für die Hälfte davon war ich auch in Behandlung (die oft wenig gebracht hat).
Eine Angstsörung ist weder für dein Umfeld noch für dich einfach zu handhaben. Aber man kann lernen damit zu leben.
Sie hat allerdings (zumindest bei mir) auch Vorteile.
Was tust du wenn du Angst hast?
Angst ist unangenehm also versuchst du etwas dagegen zu unternehmen.
Und genau das habe ich getan. Ich bin durch die Existenzangst auf die Idee gekommen, daß ich soviel Geld brauche, daß ich von keiner Erwerbstätigkeit mehr abhängig bin. Nur wie soll man das anstellen? Damals (2004) habe ich ausgerechnet, daß ich etwa 400.000 bis 500.000 Euro brauche um dieses Ziel zu erreichen. Mein Net Worth (wie die US Kollegen so schön sagen) lag vielleicht bei 3000 Euro (Girokonto). Ich hab ein schickes Excel gebaut und mir dutzende von Szenarien durchgerechnet. Wieviel kann ich sparen? Wieviel Zinsen bekomme ich? Rendite? usw. dort hab ich dann auch zum ersten mal bewusst die massiven Auswirkungen des Zinseszins gesehen.
So habe ich angefangen Geld zu sparen und zu investieren. Wobei man es 2004 sicher nicht investieren nennen konnte. Ich habe alle Fehler begangen die man sich so vorstellen kann, war auf schnelle Kursgewinne aus, hab klassische Aktienfonds gekauft nur weil sie in der Vergangenheit gut performt haben, habe oft bei Höchstkursen gekauft und diverse Male ins fallende Messer gegriffen (Gruß an griechische Staatsanleihen).
Trotzdem, mein Kapital wurde jedes Jahr etwas mehr, wenn auch in einigen Jahren nur durch pures Sparen und nicht durch Renditen oder Gewinne am Wertpapiermarkt. Meine Exceltabelle habe ich über die Jahre gepflegt und auf dem neusten Stand gehalten. Jedesmal wenn die Panik und Angst wieder da war habe ich das Excel geöffnet und mir mein Ziel vor Augen geführt. Die Tabelle war und ist immer noch mein Mantra. Sie zeigt meine Vergangenheit und meine Zukunft. Dreizehn Jahre später stehe ich wenige Jahre vor der finanziellen Freiheit (Die Einnahmen von SEORCH waren in der Planung nie berücksichtigt). Wenn also alles gut geht habe ich in 3-5 Jahren mein Ziel erreicht.
Die Angst war (ist) hier immer mein Hauptantrieb und der ursprüngliche Grund diesen Plan zu stricken und durchzuziehen.
Und was ist mit der Angst passiert?
Was denkt ihr?
Die Existenzangst ist nicht weg. Sie verlagert sich. Wenn die Angst keinen Nährboden mehr findet sucht sie sich ein neues Feld. Das wird bei der Krankheit nicht weggehen, sie wird bleiben, dann und wann etwas den Schwung verlieren nur um dann wieder zurück zu kommen. Du kannst die Symptome behandeln. An den Ursachen forschen usw. aber ich kenne niemanden der davon geheilt wurde. Ist natürlich nicht geil. Aber ich versuche auch hier den Vorteil zu sehen.
Die Angst diszipliniert dich in vieler Hinsicht (in meinem Falle z.B. darauf das ich mich als Software Entwickler weiterentwickle, das ich viel Sport mache usw.)
Während ich wirklich keinem Menschen eine psychische Krankheit wünsche, hat sie mir geholfen mich auf den Weg zur finanziellen Freiheit zu machen.
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Hallo, vielen Dank für diesen Beitrag. Sehr offen, ehrlich und mutig. Guter Ansatz, glaube ich, Ängste zu reflektieren und zu benennen. Ich habe auf dem Arbeitsweg morgens und abends den Impuls, von einer Brücke zu springen. Völlig schräg, weil ich nicht sterben und mindestens 120 Jahre alt werden will. Ganz gut zu wissen, dass man mit so einem Quatsch nicht alleine ist. Das Internet ist ein Segen. 🙂
Über Zwangsimpulse: http://sz-magazin.sueddeutsche.de/texte/anzeigen/44529/Von-Fall-zu-Fall
Ne alleine biste sicher nicht 😉
Bin übrigens großer Fan deines Blogs .. also schön weiter schreiben!
Viele Grüße,
Matthias