Dividenden Blog

14. Juni 2021

Death in F.I.R.E.

das Folgende ist leicht inspiriert von Dagoberts Nichte

F.I.R.E – Financial Independence / Retire Early .. für viele mittlerweile ein Unwort oder auch ein Unkonzept.

Die Gründe sind vielfältig. Manche sehen den Weg dahin von zu vielen Entbehrungen begleitet, andere wissen schlicht nicht wie viel Geld sie final am Tag X brauchen, wieder andere sehen durchaus Erfüllung in dem was sie zum Broterwerb tun und arbeiten gerne. Wieder andere nehmen den Begriff wörtlich, andere legen ihn je nach Tageslaune flexibel aus. Und zum Geier .. was soll ich denn den ganzen Tag machen wenn ich mit 40 in Rente gehe?

Endlose Diskussionen um die 4% Regel, Entnahme Strategien, Steuern, zukünftige Entwicklungen der Gesellschaft und der Wirtschaft, Frugalismus, Minimalismus, Renten, FIRE Zahl usw.

Wenn man die Dinge irgendwann bis ins kleinste Detail zerlegt .. na .. dann werden sie auch madig.

Ich nehme mich da nicht aus.

Was ist FIRE für mich?

Im Jahr 2004 habe ich meinen Job mehr oder weniger gehasst und die Welt war eine andere. Mein Arbeitgeber hat alle paar Jahre 10% der Belegschaft abgebaut und die Arbeitsmarktsituation war nicht so rosig wie heute. Daneben war ich nicht sonderlich von meinen eigenen Fähigkeiten überzeugt (Imposter Syndrome).

Mein Ausweg war damals FIRE.

Das hieß da nicht so und ich kannte den Begriff nicht.

Mein Konzept war folgendes: Soviel Asche haben, dass ich NIE mehr einen Job machen muss, den ich nicht mag und so viel Asche haben, das man mir kündigen kann und ich keine Konsequenzen spüre .. AUCH wenn ich sehr lange keinen neuen Job finde.

Konsequenterweise habe ich angefangen, meine Ausgaben zu tracken, Geld zu sparen und Aktien zu kaufen. Ich hab ne Excel Tabelle gebaut (mit Sparrate, jährlicher Verzinsung usw.) und damals (2004) beschlossen ich brauche nördlich von ner halben Million Euro um der Zeche den Stinkefinger zu zeigen.

Ob das nun FIRE ist / war kannst du selbst entscheiden.

Fast Forward

Nun sind wir im Jahr 2021 und ich habe mich die letzten 17 Jahre nicht nur von Tütensuppe ernährt. Entbehrungen hatte ich keine. Ich habe hunderte kleine und große Fehler an der Börse begangen (sonst wäre ich heute weiter). Den Job den ich heute habe macht mir im Grunde Spass. Ich arbeite nur 4 Tage die Woche. Das Vermögen wächst.

Ein Mensch der nicht so von (immer wiederkehrenden) Existenzängsten geplagt wäre, hätte den Job vielleicht schon an den Nagel gehängt. Ich dagegen schraube meine FIRE Zahl alle paar Monate nach oben .. frei nach dem Motto: Noch ein Schippchen drauflegen .. Sicherheitspuffer und so.

Clever? Doof?
Kannst du auch selbst entscheiden.

Seit vielen Jahren an FIRE zu arbeiten hat es mir ermöglicht, auf ne 4 Tag Woche zu reduzieren ohne mir um Nettogehalt oder Rentenpunkte Gedanken zu machen. Auch werde ich keine Rentenlücke haben. Sinkende oder gar keine Rente im Jahr 2050? Who cares?

Und am Ende

In 25 Jahren wird das Renteneintrittsalter nicht mehr bei 67 Jahren sein sondern eher bei +70 Jahren.

Solange werde ich nicht arbeiten – du?

Dementsprechend „Retire Early“ definierst du für dich selbst. Egal ob du mit 40, 45 oder 60 das letzte mal stempelst, du musst es dir nämlich erst mal leisten können und (Stand heute) wird das eine absolute Minderheit sein.

FIRE ist also eine Idee, dann ein Weg und für ne kleine Minderheit auch irgendwann ein Zustand ..

P.S.
Bitte keine Kommentare das ich keine Existenzängste haben muss. Das weiß ich. Mein Kopf spielt mir aber trotzdem Streiche.





Alle Beiträge zum Thema Finanzielle Freiheit

Kommentare:

  1. CW

    Das „noch ein Jahr“ Syndrom. Kenne ich nur zu gut. Halbe Million und dann reicht. Habe ich jetzt, aber Excel sagt eigentlich sollten es 600k sein und überhaupt ist der Markt gerade überbewertet. Also noch 2 Jahre. Wenn ich dann soweit bin dann will ich sicherlich noch nen Sicherheitspuffer oben drauf haben und überhaupt bin ich eh total risikoreich angelegt also lieber etwas mehr….

  2. Dagoberts Nichte

    Ich bin ja persönlich überhaupt kein Freund vom ganzen „Money Mindset“ Gerede. Aber das klingt irgendwo schon so, als würde dir ein bisschen „soul searching“ tatsächlich helfen. Was ist dein ‚Warum‘? Wie viel ist dein ‚Genug‘? Und kannst du dir tatsächlich nichts besseres als Tagesbeschäftigung vorstellen als deinen aktuellen Job, der „im Grund Spaß macht“?
    Ich habe auch gerade einen Artikel über „den Tod von FIRE“ geschrieben, aber mit einem bisschen anderen Blickwinkel.
    Ich wünsche dir, dass du einen Ausweg aus dem „one more year“ Syndrom findest.
    Viele Grüße
    Jenni

  3. Bergfahrten

    Hallo Matthias,

    lese da viele Überschneidungen. Nur eben, dass ich des Retire Early 2017 mit 52 durchgezogen habe. Es kam während der Jobsuche. Die Überlegungen waren nach Wunsch…
    Plan A – einen neuen Job finden der Spaß macht und hoffentlich auch ein nettes Teamwork
    Plan B – FIRE
    Plan C – einen neuen Job annehmen der nicht Plan A entspricht
    Plan D – sich von der staatlichen Vorsorge das Geld abholen
    Mit 52 und 1 Jahr suche stellte sich Plan A als nicht realisierbar fest. Plan B mit FIRE ist nun ein tolles und spannendes Projekt.

    Mach deinen Job wie es Spaß macht und so lange es passt und möglich ist. Die nächste Veränderung kommt möglicherweise von „Aussen“ und du hast alle Optionen offen!
    Viel Erfolg
    Christian / Bergfahrten

  4. guter-verwalter.de

    Hallo Matthias,

    ich denke auch, dass das Thema F.I.R.E. in der deutschsprachigen Blog-O-Sphäre überrepräsentiert wird.

    Realistischer für einen Großteil der Ottonormal-Verdiener und langfristigen Anleger dürften eher N.A.S. (Nicht arm sterben.) und N.I.A.A.M. (Nicht im Alter arbeiten müssen.) sein. Niemand hat denke ich Lust >70 Lebensjahren noch malochen zu müssen wie mit 20.

    Noch ein Gedanke:
    Vielleicht geht deine angesprochene Existenzangst tiefer als das, was materielles Auskommen vermag abzusichern? Dann muss an anderer Stelle nach einem verlässlichen Angst-Stopper gesucht werden…

    Alles Gute kommt von oben,
    dein guter Verwalter

  5. Florian

    Ich denke auch, dass FIRE etwas überrepräsentiert wird und zudem auch nicht für jeden das erstrebenswerteste Ziel ist. Natürlich ist es eine nette Idee, wenn ich mit 35/40 nicht mehr arbeiten müsste, aber andererseits sieht man immer wieder wie Renteneinsteiger in ein Loch fallen wenn ihre Arbeit wegfällt. Daher ist mein Ziel eine gewisse Absicherung zu erreichen, die es mir erlaubt zB. mit 45-50 auf 50-70% Arbeit zu reduzieren und diesen Anteil immer weiter zu senken, oder eben dann nochmal in einen Job wechseln, der mir dann gerade zusagt, auch wenn die Bezahlung vielleicht schlechter ist als zuvor.

  6. mad

    @Jenni

    du hast mich etwas inspiriert .. hab dich mal verlinkt

  7. Felix

    Hi, ich glaube auch dass, FIRE letztendlich für die meisten zu extrem ist, das Problem was ich eher sehe und irgendwie auch selbst habe ist, dass ansprechende Jobs mit reduzierter Arbeitszeit (40-60%) definitv Mangelware sind. Insgesamt ist unsere Gesellschaft für meine Generation (Y) einfach in großen Teilen noch nicht bereit.
    …geh ich eben segeln 🙂

  8. Samuel

    Bei einer Angenommen 8% Rendite deines Hast du in 15 Jahren die 2 Millionen geknackt.
    „Geld ist paradox, man braucht es um keins zu brauchen“

    Ja FIRE ist für die meisten zu extrem, und ja auch Makroökonomisch nicht so einfach.
    Zurzeit habe ich oft den Gedanken: Such dir einen Job, 450€ zusätzlicher Sparplan wäre wichtig.

    Zurzeit habe ich einfach angefangen einem Startup kostenlos zuzuarbeiten. 10 Stunden die Woche. Das ist Freiheit.
    Ich werde mir wenn Corona vorbei ist ein Urlaubsemester nehmen, China und Asien anschauen. Das ist Freiheit.
    Ich habe mir letzte Woche einen neuen Monitor gekauft. (Gebraucht aus Frankreich) auch das ist Freiheit.

    FIRE fasziniert mich, Das ist Wohlstand, nie arbeiten müssen.
    Wie die Dritte Welt das wohl sieht?

  9. Fab

    Moin Martin,

    vorab: ich mag deine Art, dich mit so etwas auseinanderzusetzen. Das ist einfach super authentisch und das finde ich total super!

    Mein Ansatz war zu Beginn dem Deinen sehr ähnlich: Fuck-You-Money sammeln, um Projekte verlassen können, wenn sie stinken (ich bin selbständiger Softwareentwickler).
    Schnell habe ich gemerkt, dass die meisten Projekte stinken, sobald man den Kunden und seine Struktur verstanden hat und die politischen Spielchen erkennt. Die Zeit, die man für diese Erkenntnis braucht, wird von Projekt zu Projekt weniger. Wie also damit umgehen? Einfach genug Geld haben, um das gar nicht mehr tun zu müssen, klang verlockend.

    Doch eine andere Erkenntnis, die ich schon vor langem gewonnen habe, ist: wenn ich endlich mal Zeit für mich selbst habe, dann sitze ich auch gerne mal in der Ecke rum und tue nichts. Wenn ich eh kaum Zeit habe (also meistens), dann denke ich an all die schönen Dinge, die ich gerne einmal tun würde. Es besteht also das Risiko, als Rentner mit meiner Couch zu einer Einheit verschmelzen.

    Daher merke ich mir sehr bewusst Dinge, die ich schon immer mal tun oder können wollte, und zwar recht konkret: eine alte Proberaumaufnahme meiner damaligen Band mal „in ordentlich“ einspielen. Einen Daft-Punk-Helm mit allem Pi-Pa-Po nachbauen. Ein Flugzeug fliegen lernen. Und so weiter. Diese Dinge werde ich angehen und „abarbeiten“ und mir viel Zeit dafür nehmen. Das wird dann quasi mein neuer Job. Dazu kommen noch ein paar Dinge, die ich ausarbeiten und dann umsetzen möchte, wenn ich Zeit und Geld dafür habe, z.B. Engagement im sozialen Bereich.

    Ob ich das alles in Vollzeit mache, oder nebenher noch weiter Software schreibe, werde ich dann sehen. Es gibt viele Aspekte, die ich an meinem Job liebe, daher kann ich mir eigentlich nicht vorstellen, das komplett aufzugeben. Den Zwang will ich allerdings mit aller macht loswerden. Wenn ich unbedingt wollte (und mit ein wenig Risiko), dann könnte ich heute vermutlich schon aufhören. Ich möchte aber Entspannung und ein entsprechendes Polster und meine Finanzplanung für die nächsten 5 Jahre steht. Das One-More-Year-Problem hoffe ich, durch eine Reduzierung auf sehr wenige Arbeitsstunden in den letzten 1-2 Jahre sowie meine festen Ziele reduzieren zu können.

    Viele Grüße,

    Fab

  10. Fab

    *Matthias* natürlich. Wie peinlich…

  11. Sebastian McGeld

    Ja, es ist nicht nur schwierig das Kapital anzuhäufen, sondern auch zu berechnen wieviel man tatsächlich braucht. Es hängt von zuvielen (unbekannten) Einflussfaktoren ab. Insbesondere wenn man eine Familie hat. Für mich fokussiert sich die FIRE-Bewegung auch zuviel auf das Sparen – ich denke, dass man leichter und mit mehr Spass seine finanziellen Ziele erreicht, wenn man sich auf das „mehr verdienen“ und „besser investieren“ konzentriert.

  12. Mr ZI

    Der FIRE-Industrie fehlt es an vielen guten Inhalten darüber, wie man solche Dinge (z.B. das „eine weitere Jahr“) aus einer mentalen Perspektive vermeiden kann. Die Idee, seinen Job loszulassen und die Akkumulationsphase zu verlassen, ist auf dem Papier einfach.

  13. Mr ZI

    Erstaunliche Fortschritte! Eine großartige Fallstudie und Motivation, sich längerfristig mit passivem Einkommen zu beschäftigen.

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