Dividenden Blog

29. März 2022

Antwort: Langfristig hohe Dividenden?

Ich beziehe mich auf diesen Leserbrief und möchte als Disclaimer das hier vorausschicken.

Also .. du entscheidest dich (trotz der offensichtlichen Nachteile) deine Fokus auf Dividenden zu legen?

Dann solltest du dir erst mal ein Ziel setzen.

Zum Beispiel:

Wie viel Dividenden willst du pro Jahr (netto) erhalten?
Sagen wir 12.000 Euro pro Jahr bzw. 1.000 Euro im Monat netto.

Rechnen wir:

  • 12.000 Euro netto Dividenden p.a.
  • dazu musst du 16.000 Euro brutto an Dividenden kassieren
  • wir gehen von 25% Steuern auf die Kapitalerträge aus (vereinfacht)
  • bei 2% Dividendenrendite brauchst du ein Depot (Kaufwert) von 800.000 Euro
  • bei 3% Dividendenrendite brauchst du ein Depot (Kaufwert) von 533.000 Euro
  • bei 4% Dividendenrendite brauchst du ein Depot (Kaufwert) von 400.000 Euro
  • bei 5% Dividendenrendite brauchst du ein Depot (Kaufwert) von 320.000 Euro

Der Unterschied in der investierten Summe ist gewaltig. Da mag man sich ggf. über eine „Abkürzung“ Gedanken machen. Wenn man Firmen ins Depot nimmt die höhere Dividenden bezahlen braucht man nicht so viel Kapital um das selbe Ergebnis zu erzielen.

Das stimmt auf dem Papier und so habe ich vor 10 Jahren auch gedacht.

Problem ist nur, dass diese Abkürzungen mit mehr Risiko verbunden sind.

Es hat zu 99% einen Grund warum manche Firmen sehr hohe Dividendenrenditen (im Vergleich zum Kurs) bezahlen und den solltest du rausbekommen bevor du an ein Investment denkst.

Beispiele?

Ich war mal groß in Seadrill investiert, das ist ein Betreiber von Offshore Bohranlagen. In den Jahren 2010 – 2012 gabs da 7-9% Dividende. Dann fiel der Ölpreis von über 100 USD pro Barrell (Ende 2013) auf unter 50 USD in den folgenden Jahren. Teures offshore Bohren war nicht mehr gefragt. Seadrill strich als erstes die Dividende und musste dann Insolvenz anmelden.

Pitney Bowes zahlte 2012 eine Dividende von 10%. Verlockend? War es für mich. Mit dem Geschäftsmodell habe ich mich nicht so sehr beschäftigt. Sie sind im Postwesen tätig und einer der größten Hersteller von Frankiermaschinen. Daneben weitere Dienstleistungen rund um den Versand von Postsendungen. Mit der zunehmenden Digitalisierung gingen natürlich die Umsätze zurück. Eine digitale Transformation wurde zwar angestoßen aber gelang nie so richtig. In der Folge wurden die Dividenden gekürzt. Im Jahr 2013 um 50% und im Jahr 2019 noch einmal um 73%.

Ich hätte hier noch ein paar Firmen mehr wo ich mich von hohen Dividenden habe blenden lassen.

Das Learning war, dass ich mich weniger auf hohe Dividenden fokussiert habe und Firmen bevorzuge, die nachhaltig, regelmäßig die Dividenden steigern und hoffentlich ein solides Geschäftsmodell haben. Auch mag ich persönlich keine Firmen die von volatilen Rohstoffpreisen abhängig sind.

Beispiele?

Nehmen wir Snap-on Tools. Ein Hersteller von hochwertigen, professionellen Werkzeugen. Seit 2012 werden die Dividenden jedes Jahr um 10-20 % gesteigert. Die Dividendenrendite beträgt allerdings nur 2,2% (2022), bei einer Payout Ratio von knapp 40%.

Aflac ist ein Versicherungsunternehmen welches sich auf Kranken- und Lebensversicherungen spezialisiert hat. Es ist in Japan und den USA aktiv. Die Dividendenwachstumsrate liegt bei 20% pro Jahr (im Schnitt auf 20 Jahre gesehen) und immer noch bei 10% auf 5 Jahre gesehen. Payout Ratio bei 30% und eine aktuelle Dividendenrendite von 2,2%.

Natürlich sind die Steigerungen nicht garantiert und natürlich kann sich hier auch das Marktumfeld ändern.

Was dann folgt ist der Grind ..

Am Anfang freust du dich natürlich über jede erhaltene Dividende, aber nach 2-3 Jahren gewöhnst du dich dran und du überlegst ob du wirklich auf dem richtigen Weg bist. Alles geht so langsam voran, die Zeit um das Ziel zu erreichen erscheint dir ewig. Du sparst weiterhin und legst regelmäßig an, aber deine Dividenden Einnahmen wachsen nur sehr langsam.

DAS IST NORMAL.

Und solltest du die Summe deiner regelmäßigen Investition nicht plötzlich massiv steigern können wird das über Jahre hinaus so bleiben .. je nach deinen Möglichkeiten.

Erst spät kommt der Schneeball richtig ins Rollen und je näher du deinem Ziel kommst, desto schneller geht es. Du musst schließlich irgendwas zwischen 400.000 und 500.000 Euro zusammensparen und dazwischen passiert nicht viel.

Darum .. du musst schon etwas stoisch veranlagt sein, an deine Strategie glauben und mit Disziplin über Jahre in die richtigen Aktien anlegen damit du das Ergebnis siehst.



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Kommentare:

  1. Jonny

    Hi Mad,

    danke für diesen Beitrag. Dieses Grundmaß an Stoizismus ist für jede Wertpapierbasierte Strategie notwendig. Auch wenn man nicht auf Dividenden abzielt und einfach nur einen ETF-Sparplan laufen hat, kommt man zwangsläufig an einen Punkt wo man sich fragt: boaah, dass geht ja hier null vorwärts. Aber irgendwann hat man plötzlich die ersten 100.000 € zusammen investiert. Und plötzlich winkt die 200.000 schon in nicht allzu weiter Ferne.

    Der Schneeball kommt am Schluss immer mehr ins rollen – so ist das mit exponentiellem Wachstum

    Also: dran bleiben

  2. Thomas

    Also meine bescheidene Meinung dazu: Auch ist setze auf Dividenden und habe ähnliche Fehler wie Seadrill und andere Invests gemacht. Bin immer wie geneigt, Aktien auszutauschen, um eine höhere Dividende zu erhalten, ohne mein Risiko signifikant zu erhöhen. Mein Fokus liegt aber klar auf einen laufenden Cashflow. (in 5 – 10 Jahren möchte ich ein schönes Zusatzeinkommen haben) Wie andere vor mir, kann ich nur sagen – Gut Ding will Weile haben. Es ist langweilig und es geht langsam – aber man ist auf dem Weg und es geht voran. Dagoberts Nichte hat das gut beschrieben – einfach abwarten und sich mit netten Hobbys beschäftigen.

  3. Tengelmann

    Hey Mad,
    schöner Beitrag. Mir fällt dazu noch folgendes ein: Streuen Streuen Streuen!

  4. Andy

    Ja die ersten Dividenden waren damals neu und aufregend: hey da „schenkt“ mir jemand 20 Euro, wie geil ist das denn. Mit der Zeit habe ich mich dran gewöhnt. Letztes Jahr war ich bei 600 Euro im Monat, sodass es nichts Besonderes mehr ist, zumindest für mich. Auch wenn mir stets vor Augen halten muss, dass das für viele vermutlich viel zusätzliches Geld wäre, besonders wenn es ohne großen Arbeitsaufwand hereinkommt.

    Lässt sich auch auf andere Sachen übertragen. Ich weiß noch, wie ich meine erste Software verkauft habe. Da hat mir jemand 20 DM per Brief geschickt, in Bar!

    Gruß
    Andy

  5. Catamaran

    Man kann es ja auch teils teils handhaben.
    Ich habe ca. 1/4 des Depots in eher defensive bzw. Dividenden starke Werte bzw. ETFs investiert und den Rest lege ich ohne diese Strategie an.

    Mich beruhigt dieser defensive Dividenanteil und ich kann dadurch eine 100%tige Aktienquote fahren.

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